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der eimsss eÄsbrsg nur zu sehr eingerissen ist, und die mehr darauf ausgeht, die Phantasie des Publicums zu kitzeln, als es gründlich zu belehren. Seiner Arbeit kommt vor allem das Lob der Gewissenhaftigkeit zu. Es ergeben sich im Lauf des Processes eine Reihe juristischer Fragen, die für den Mann vom Fach von großem Interesse sein werden; nnö zieht vor allem die sittliche Seite an. „Wenn damals, sagt der Verfasser in der Vorrede, der gebildete Theil der Nation eine in der Geschichte beispiellose praktische Unfähigkeit an den Tag legte, nud damit bewies, das; der aus Westen gekommene Stnrm die Besten im Volke unreif angetroffen hatte, war es zn verwundern, wenn die Hefe des Volkes in dem Augenblicke, wo ein böser Dämon sie auf die Bühnen stürmen ließ, eine fast fabelhafte Nohheit nud Dummheit in dieser Beziehung zn erkennen gab? Die folgende Darstellung wird die actenmäßigen Belege dafür liefern, bis zu welcher Höhe sich die Begriffsverwirrung in der untern Schicht der Gesellschaft erhob, welch viehischer Zcrstörungstrieb, zum Theil in grausenhaft pvsstrlicher Ausdrucksweise, sich aus der aufgehetzten Masse erhob.... Vor den Gerichten sind eine Menge von gesellschaftlich niedrig gestellten Personen aufgetreten, deren Anssagen aufs nnzweidentigste erkennen lassen, daß sie ruhige und gutmüthige Menschen wareu, daß sie aber, als der Verslicher an sie herankam, der Verstandes- und Charakterbildung ermangelten, welche sie allein widerstandsfähig gemacht haben würde. Es handelt sich aber nicbt blos um religiöse Bildung, vollends uicht um einseitige, aus Kosten der edelsten Fähigkeiten dir Menschen einexercirte; es handelt sich um eine Bildung, deren Grund nnd Ziel die Freiheit ist — denn nnr diese vermag einen Charakter zu zeitigen und die einzig zuverlässige Beschränkung zu lehren, die Sclbstbeschräukung." — Der sittliche Ernst, der sich in diesen Worten auöspricht, athmet durch das gauze Buch; trotz des abschenlichen Stoffes' wird man es also mit Erhebung aus der Hand legen.
Wochenbericht.
Theater. — Von neuen Stücken führe» wir an: „Rose und Röschen", vier- actigcs Schauspiel von Charl. Birch-Pseiffer; „Macchiavclli" von Elise Schmidt; „D,cr Hof hat Ferien", vieraetigeS Lustspiel von Otto Roquette. —
Das Theater in Karlsruhe hat seit seiner Wiedereröffnung folgende Stücke ausgeführt: Jungfrau von Orleans, Eigensinn, Stille Wasser sind tief, Gebrüder Foster, das Lügen, der'Kaufmann von Venedig, die Journalisten, Egmont, der Landwirt!), die Hvchzeitrcise. Badekuren. — >
Das durch mehre Blätter verbreitete Gerücht, Gustav Frcytag werde die artistische Directwn eines Theaters übernehmen, entbehrt jeder Begründung.
Herr Marr hat sein Gastspiel früher, als es sür Leipzig wünschenswert!) war, Grenzboten. III. -1863. IS