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Aus Konstantinopel.
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daß eine moökowitische Flotte mit Landungstruppen an Bord für den Moment eine keineswegs willkommene Erscheinung am Eingang des Bosporus sein würde.

Herr Professor Fallmerayer hat sich jüngst in der Allgemeinen Zeitung im entgegengesetzte,, Sinne geäußert; aber ohne seiner Berechtigung zu einem Urtheil über diesen Gegenstand zu nahe treten zn wollen, kann ich nicht umhin zn ver­muthe», daß er aus Neigung und besonderer Sympathie die türkische Hauptstadt für fester verwahrt erachtet, als sie wirklich ist. Wie Sie wissen, segelte Admiral Duckworth 1807 zweimal durch die Straße der Dardanellen; das eine Mal ohne allen Verlust, uud zum zweiten Male mit Einbuße von 29 Todten und 138 Verwundeten (stehe .Iam<Z8, riaval Kistor^, paA. 310). Nur füuf Schiffe hatten bedeutend gelitten. Dennoch stand dieser Escadre damals ein Bewegungs­mittel von uuermeßlicher Bedeutung, und dessen sich die Russen bei Passage des Bosporus bedienen können, nicht zn Gebote, ich meine der Dampf.

Von den russischen Armeebewegungen weiß man nichts genaueres wie vor vierzehn Tagen. Außer Zweifel steht, daß eine starke Concentrirung sich bei der Festung Ismail, die auf der russischen Stromseite der Donau liegt, vollzieht, wie es anch viel Wahrscheinlichkeit für sich hat, daß ans dieser Stelle der Haupt­übergang vor sich gehen werde. Den anderen Pnnkt: Satunowö machte ich ihnen in meinem letzten Briefe bereits namhaft.

Die türkischen Rüstungen nahmen erst seit Sonnabend vor acht Tagen (28. Mai) eine ernstere Form au. Bis dahin hatte man, wie es den Eindruck macht, mehr des Demonstrirens wegen, als um wirkliche Vorbereitungen zum Kriege zu machen, den Harnisch klirren lassen. Nunmehr ward alles dringend. Es ist nicht der schwächste Moment, in welchem die russische Kriegsdrohung dieses Mal, rein militärisch nnd unter Bezugnahme auf die vorhergegangenen Jahre, das türkische Reich findet; 18i9 S0 bei Gelegenheit der Flüchtlingsfrage waren seine Mittel ohne alle Frage noch weit geringer und ein Kampf bot damals noch weniger Chancen, aber nms heute uugleich Besorgniß erregender wie in jenen Tagen ist, das beruht ans der weiten Vertheilnng der Strcitkräfte, vermöge welcher eine Zusammenziehung in kurzer Zeit nicht füglich bewerkstelligt werden kann. Infolge der Druscncampagne nnd des Feldzuges gegen Montenegro sind viele Kerntruppcn, insbesondere das Armeecorps von Numelien und ein Theil der Garde, von dem voraussichtlichen Kriegstheater sehr weit entfernt.

Ohne Frage war bereits vor mehren Monaten Veranlassung vorhanden, um Omer Pascha nach der Donau marschiren zu lassen. Zwischen Silistria nnd Nustschnck lagernd hätte derselbe in diesem Augenblick einen wichtigen Dienst leisten, nämlich die bei Varna in der Ausführung von zwei Armeecorps decken können. Nichtsdestoweniger scheint der Befehl für deu erwähnten Feldherrn znm Vorrücken, sei es ans Nnstschuck oder auf Schumla, erst am 29. v. Ms. expedirt worden zu sein. Desgleichen sandte man erst damals zwei Dampfer nach der