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Aus Constantinopel.
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Ans Conftantinopel.

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23. Mai.

Ich habe Ihnen zunächst zn melden, daß im Moment, wo mein Brief vom 19. d. Mts. zur Post gegeben wurde, bereits eine bedeutende Aenderung im Stande der hiesigen Angelegenheiten eingetreten war. Am Abend des 19. war der Glaube an eine ernste Wenduug der Verhandlungen allgemein verbreitet, und er wurde am andern Morgen durch das officielle Journal bestätigt. Dieses Blatt zeigte unumwunden die Ablehnung des russischen Ansinnens an. Man er­wartete nun die Abreise des Fürsten Menschikoff. Derselbe hatte so oft damit gedroht, und sich so bestimmt über die Abbrechung des diplomatischen Verkehrs, für den Fall gewisser, nunmehr eingetretener Eventualitäten, ausgesprochen, daß eine Rückkehr nach Rußland nicht vermieden werden konnte. Es vergingen jedoch noch 30Stunden, bevor er Anstalten dazu machte. Endlich am Sonnabend den 21. um Mittag ging er an Bord. Aus dem Umstände, daß ein großes Gefolge ihm das Geleit gegeben, hat man den falschen Schluß gezogen, die ganze Legation sei abgereist. Dieses ist nicht der Fall. Im Gegentheil geleitete der Staatsrath Ozeroff, der hiesige russische Geschäftsträger, den Fürsten nur bis über Bujuk-dere hinaus, und kehrte mit dem ihm untergebenen Personal sodann nach Stambul zurück. Man scheint von da an aber keine Berührung mehr mit den Ministern der Pforte direct, sondern nur im Wege der anderen Legationen geholt zu haben.

Endlich gestern, als am Sonntag Morgen den 22. Mai ließ Herr v. Ozeroff die Wappen von dem russischen Palais abnehmen und es verbreitete sich das Gerücht, er werde am 24. Mai (also morgen), abreisen.

Sie wollen nicht außer Acht lasseu, daß Fürst Menschikoff, wie auch Staats­rath Ozeroff und seine Legation sich vorerst nur nach Odessa begeben, um deu weitern Verlauf der Angelegenheiten abzuwarten. Man hat in den gethanen Schritten aus diesem Grund bis jetzt allein eine Abbrechung des diplomatischen Verkehrs zu erkennen, nichts weiter. Die Kanzlei der russischen Gesandtschaft verbleibt hier, ebenso die russische Uuterthanenschaft. In einem derartigen Ver­hältniß stand der Zar und sein Reich lange Jahre nicht nur zu Belgien, Por­tugal uud Spanien, sondern auch zu Frankreich. Mau hat darum aus die Maßregel kein zu großes Gewicht zu legen. Die Drohungen Leiningens vor drei Monaten waren viel ernster.

Deunoch ist die Börse bedeutend durch die Vorgänge in Aufregung gebracht worden. Man zahlte gegen Gold in Papier noch vor wenigen Tagen 7 Procent Agio, und gegenwärtig 20 Procent und darüber. Wenn es wahr ist, daß die Negierung gestern und vorgestern für mehrere hunderttausend Gulden Papiergeld