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Politiker der Zukunft.
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Frage vorlegen, ob ihre bisherige Haltung dem preußischen Staat gegenüber sie berechtigt, dein preußischen Staate überhaupt ^ einen Rath zn ertheilen.

Wenn die Demokraten sich im Jahre -I8i>9 der Wahlen enthielten, so muß­ten wir zwar die Unklugheit dieses Schrittes mißbilligen, aber wir konnten ihm in vielen andern Beziehungen die Berechtigung nicht bestreiteu. Die eiuseitige Veränderung des Wahlmodus war unstreitig eiu Act der Willkür, und ob man diesen dnrch seine Theilnahme sanctivniren sollte, war eine schwer zn losende Ge- wisfcuSfrage, in der man "die Verschiedenheit des Standpunkts wol anerkennen mußte. Aber dieses Festhalten an einem Nechtsboden kann doch nur eine ge> wisse Zeit dauern, wenn man überhaupt nicht allen Boden uuter den Füßen ver­lieren will. Vvu dem imagiuäreu, aus dem sogenauuteu Naturrechte hergeleiteten unveräußerlichen Recht des Volkes, seine Stimme nur in unbeschränkten Urwahlen abzugeben, wollen wir hier gar nicht reden; die Illusion dieses Rechtsbodens wer­den die Demokraten wol selber aufgegeben haben, wenn sie ihn auch als Ziel, das man durch alle möglichen Anstrengungen erreichen müsse, festhalten mögen. Jene Nichttheilnahme an dem constitntionellen Leben Preußens ist also nur unter der Voraussetzung zn begreifen, es werde ein großes welterschütterndes Ereignis; eintreten, welches es vollkommen gleichgültig machte, ob man sich an dem kleinen Krieg innerhalb der Kammern betheiligt habe, oder nicht. Und daß die National­zeitung immer noch den Glauben an eine bevorstehende Revolution festhält, hat sie dadurch gezeigt, daß sie im vergangene» Jahre, wo sich eine Gelegenheit zum Einlenken darbot, ihrer Partei die Theilnahme an den Wahlen aufs Neue abge­ratheu hat.

Die preußische Regierung raisvnnirt nämlich folgendermaßen. Es existirt offenbar eine politische Partei, die in London ihren Sitz hat, uud die eine all­gemeine europäische Revolution vorbereitet. Daß diese Partei auch in Preußen ihre Verbündeten hat, zeigt unter Andern der Eifer, mit welchem man in Berlin Handgranaten fabricirt; nun glauben wir zwar nicht, daß sich die zahme Demo­kratie an den Cvmploten ihrer wildeu Verbündeten betheiligen wird; wir glauben nicht, daß das Publicum der Nativnalzeituug, welches zum Theil aus der wohl­habenden Bourgeoisie besteht, eiu lebhaftes Interesse an Handgranaten und Bar­rikaden uehmcu dürfte; aber davvu sind wir überzeugt, daß diese Partei, die nach den Versicherungen der Nativnalzeitung sehr groß ist, und bei Weitem die Majorität des preußischen Volks umfaßt, der etwa eintretenden Revolution ihren moralischen Beistand leiheu wird; denn sonst müßte sie ja wahnsinnig sein, wenn sie die Mittel, die wir ihr selber in die Hand geben, unsern fortgehenden Be­drückungen wenigstens einigen Widerstand entgegenzusetzen, aus angeblichen Rechts- bedenten verschmähte. Unter diesen Umständen wäre es sehr thöricht von uns, wenn wir mit dem Bewußtsein, einesehr mächtige" Partei im Rücken zu haben, die nur auf die günstige Gelegenheit lauert, uns zu überfallen und umzubringen,

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