Die nächste Aufgabe der Opposition in Preußen.
Die parlamentarische Opposition in Preußen leidet gegenwärtig an einem Uebelstand, der zwar aus der Natur der Sache leicht zu erklären ist, der aber doch ihrer weitern Entwickelung und ihrem Einfluß nur schaden kann; sie ist gespalten, während sie es mit einer geschlossenen Phalanx von Gegnern zu thun hat. Das Centrum, die Konstitutionellen und die liberalen Katholiken haben zwar in einigen sehr wichtigen Fragen gemeinsam gestimmt, uud durch den Zutritt einiger sreidenkender Männer von der Rechten sogar die Majorität gewonnen, wo man es am wenigsten hätte erwarten sollen, allein in ebenso wichtigen Fragen bekämpfen sie einander, und erleichtern dadurch den Gegnern den Sieg. Es wäre so natürlich, durch eine gemeinsame Verständigung, durch gegenseitige Concessionen diesem Uebelstande abzuhelfen, daß man sich eigentlich darüber wundern muß, daß ein solcher Versuch nach nicht angestellt ist. Denn das ganze parlamentarische Leben in Preußen liegt noch immer in einer höchst bedenklichen Krisis, die nur durch die ungetheilte und ausdauernde Anspannung aller Kräfte abgewendet werden kann.
Zwei dieser Fractionen, die Constitntioncllen und die liberalen Katholiken, haben in diesem Augenblick kein allgemeines, anerkanntes Organ, ihre Absichten können daher nur aus deu Kammer-Verhandlungen entnommen werden; dagegen setzt die „altpreußische Partei" in dem Preußischen Wochenblatt ihren Kamps gegen die Uebergriffe des Ministeriums uud gegen die ueupreußischen Doctrinen mit Geist, Energie uud Ausdauer fort, uud dieses Orgau ist um so wichtiger für das Publieum, da man weiß, daß es von den parlamentarischen Vertretern der Partei selbst geschrieben wird. Nun finden sich zwar in dem Wochenblatt zuweilen Ausfälle auf die historische Vergangenheit der Gothaer, die Haltung desselben im Großen uud Ganzen ist aber von der Art, daß man eine principielle Verschiedenheit nicht leicht entdecken wird, und daß man es der östreichischen Korrespondenz, welche die Sache aus der Ferne betrachtet, kaum verdenken Grenzboten, ll. <8ö.?. 31