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Universität, wo Herr Bedci Weber seine erste Bildung empfing, sowie von christlichliebreicher Toleranz in dem Urtheil entgegen: (S. 123.) „die theologische Facul- tät laborirte damals noch an Jvsevhinischen Grundsätzen, die mit größter Frivolität, obgleich im Tone arkadischer Unschuld vorgelrageu wurden. Das Bibelstudium schmachtete in den Fesseln protestantischer Ausleger, die Kirchengeschichte war der Komödienplatz für den Spaß ausgedienter Possenreißer und die Dogmenlehre, wenn auch katholisch, wurde so abgeschmackt docirt, daß wir an dieser Schultheologie verzweifelten." Indessen gehören derartige Darstellungen vielleicht zn den Kundgebungen eines „fliegenden Geistes" (S. 143.) und der „bekannten aufrichtigen nnd natürliche» Auffassungsweise" (S. i82.) welche Herr Beda Weber an sich preist, so daß ihm stets auffällt, „was Niemand bemerkt" (S. 399). — Schließlich bemerken wir noch, daß natürlich die geschilderten Menschen durchweg nicht sowol durch das einwohnende Sittengesetz nnd selbstgewonnene Ueberzeugung, sondern eben nur durch die starre Orthodoxie ihres katholischen Glaubensbekenntnisses zu den Engeln geworden zn sein scheinen, als welche der Verf. sie darstellt. Ein ganz besonderer Vorzug an ihnen ist's noch überall, wenn sie, wie z. B. der Maler Koch in Rom, Goethe herabsetzen und Wvlfgaug Menzel verehren.
Unter „Welt uud Literatur" sammelt Herr Beda Weber kritische und ästhetische Artikel aus ihrer Verstreuung in unbenannten Journalen zur Buchfüllung. Sie datiren sämmtlich vor 1848 und charakterisiren ihren Standpunkt leicht aus dem, was der Verf. darüber sagt, (S. 165) daß die wissenschaftliche Forschung in Humboldt's Kosmos, „die Schöpfungsgeschichte des Moses für eine Mythe erklärt, die Abstammung des Menschengeschlechts von einem Paare für rein menschliche Erfindung, und die mosaische Erzählung selbst als unvereinbar mit den Denk- und Erfahrungsgesetzcn des Menschengeistes." Denn nicht „H. Marggrasss Dämon der deutscheu Poesie", auch kein „Hegeling, Bruno Bauer, Feuerbach uud ihre Gesellen", sondern Humboldt, der Freuud des mächtigsten deutschen Königs, der ernstlich bemüht ist, die positive Religion aus dem Schiffbruche der Zeit zu retten" — dieser Mann „vernichte mit einem kühnen Meisterschnitt die Lehre von der Erbsünde, der Menschenerlösnng und der auf dieselbe gegründeten christlichen Kirche." Neu sei solche Lehre freilich nicht, aber es bildeten „die Freischaaren gegen Luzern im Grunde nur den rohen Ausdruck dieser Negation." Wenn man „nicht blos den nackten Unglauben will, sondern auch die allseitige Sicherheit, ihn zu hegen uud zu Pflegen," so bleibe nichts übrig als auf die Deukmünze für Paulus in Heidelberg „um vier Guldeu rheinisch" zu unterzeichnen, „aber dann soll man auch aushöreu von einer christlichen Kirche zu reden, die nur auf dem positiven Grunde der Offenbarung ruhen kann." — Es ist in der That schwierig, hier die Grenze zwischen der Beschränktheit des blinden Eisers und dem Raffinement bewußter Persidie zu ziehen.
Diese Grenze wird überhaupt immer schmäler, je weiter das Buch an die