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„Und jetzt, indem ich diese Zeilen schreibe, nachdem die Zeit Alles hinweggerafft hat, Könige nnd Minister, Ludwig XVIII. »nd Herrn von Chateaubriand, Georg IV. nnd Canning, zweifle ich noch, ob inmitten so vieler Interessen, damals so lebhaft, jetzt der Vergessenheit anheimgefallen, ob unter all den Erinnerungen, die ich zurückrufe, diejenige, welche mein Herz am stärksten schlagen macht, nicht die jenes glücklichen Tanzes ist, der so schnell endete und sich nicht wiederholen sollte. Wäre ich denn in meinem Alter frivoler geworden, oder hätte mir Herr v. Chateaubriand jene schützende, politische Gleichgültigkeit eingeimpft, die ihm selbst erst so spät kam?"
Beda Weber's Charakterbilder)
Der geistliche. Rath und Frankfurter Stadtpfarrer, Herr Beda Weber, ist als Verf. von „Tyrol und die Reformation" bekannter, denn als sinnlich-mystischer Lyriker, obgleich er auf diesem Feld so Erklekliches geleistet hat, daß man schwer begreift, wie der autoritätsstvlze Priester seine Poetastereien drucken lassen mochte, ohne sich der Gefahr einer propagandistischen Untersuchung auszusetzen. Jetzt giebt er diese Charakterbilder; angeblich nur eine Sammlung älterer Arbeiten aus den Jahren 1836 bis 1848, angeblich (s. Vorwort) nichts als „erste Eindrücke, deren Werth in ihrer Unmittelbarkeit besteht vor allem Urtheil" die aber trotzdem „in der vorliegenden Zusammenstellung fleißige Nachbesserung und bedeutende Vermehrung gewonnen" uud trotz der Verschiedeuartigkeit an Inhalt, Ton und Zeitfolge „einheitlich in der unveränderlichen Ueberzeugung des Verf." wurzeln sollen. Logik scheint diesen Widersprüchen zufolge Herrn Weber's schwächste Seite. Oder er setzt sie bei seinen Lesern nicht voraus. Sind aber jene Charakterbilder nur urtheillose Eindrücke, so konnte ihr Wiederabdruck einzig die Absicht haben, im Verf. selber ein Abbild der Partei zu geben, als deren eifrigstes Haupt er literarisch uud persönlich Tag täglich mehr hervortritt. Er übernimmt also mit dem Buche ein Martyrium, indem er gleichsam eine Parteigeneralbeichte ablegt. —
Dies zunächst in mehreren biographischen Artikeln, welche, bis ans eine Verherrlichung Joh. Fried. Heinr. Schlosser's, aus dessen Nachlasse der kathol. Klerus das ehemalige Stift Neuberg wieder zu erben hofft, sämmtlich der vormärzlichen (tyrolischen) Schriftstellerepoche Weber's angehören. Der Mann der „unveränderlichen Ueberzeugungen" sprach am 22. Jan. 4 849 in der Paulskirche: „Noch gestern hat eiue Zeitung ausgesprochen, daß der Ultramonlanismus die
*) Frankfurt a. M. I. D. Sauerländer's Verlag, -1833.