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wenn die Abenteuer einer Gottheit den Stoff hergeben. Mehr als zwei Personen erscheinen nie, oder fast nie, auf einmal aus der Bühne. In der Darstellungsweise scheinen die Schauspieler sehr stark Coulissen zu reißen. Als der wahre Gipfelpunkt der Schauspielerkuust wird es aber betrachtet, wenn ein Schauspieler mehrere Rollen in eiuem Stücke übernimmt. Schauspielerinnen giebt es nicht, und ihre Rollen übernehmen Knaben. Die größte Eigenthümlichkeit der japanesischen Bühne ist die Aufeinanderfolge der Darstellung. Oft werden drei Stücke an einem Tage gegeben, aber nicht wie bei uns, ungetheilt, sondern stückweise hintereinander, so daß erst die ersten Acte der drei Stücke hintereinander, dann die zweiten, und sofort, bis alle Stücke zu Ende sind, gegeben werden. Wer daher mir eins der Stücke sehen, oder nicht so lange hintereinander sitzen will, kann sich entfernen, um zu rauchen, Saki zu trinken, oder seinen Geschäften obzuliegen, und daun neugestärkt dem nächsten Acte seines Lieblingsstückes beiwohnen. Die japanesischen Damen scheinen jedoch keine Einwendungen gegen diese lange Theaterzeit zu machen, sondern sie im Gegentheil als eine willkommene Gelegenheit zu benutzen, den Reichthum ihrer Garderobe zu zeige». Ihre Kammermädchen begleiten sie mit einem reichlichen Vorrathe von Kleidern ins Theater, und sie ziehen sich im Laufe des Nachmittags und Abends zu wiederholtenmalen anders an.
Anderthalb Tagereisen von Bosacca liegt Miaco, die Residenz des Mikado, der aber viel zn heilig ist, als daß ketzerische Europäer nur an ihn denken dürften. Ihm werden daher auch keine Geschenke gemacht, wol aber dem Oberrichter als Bevollmächtigten des Sjognn, nnd dem Statthalter, aber erst ans der Rückreise. Die Stadt zählt nach Kämpfe 1672 ohne den Hof Einwohner, hat eine
Länge von V4, und eine Breite von V- deutschen Meile, uud ist berühmt als Hauptmarkt der schönsten Luxuswaareu.
Zwischen Miaco und Jeddo begegnen die Reisenden oft aus der Landstraße den Adligen des Landes mit ihren Schaareu von Begleitern, und gelegentlich auch einem Fürsten, dem stets ein ganzes Heer folgt. Die Fürsten vermeiden durch Miaco zu reisen, wo jedes Mitglied des Dairi oder des kaiserlichen Hofeö einen hohern Rang als sie beansprucht. Der Reisezug der Holländer macht nur dem Fürsten Platz, uud merkwürdigerweise wird nirgends einer durch das Begegnen so großer Menschenmassen verursachten Unordnung ans der Landstraße oder in den Gasthäusern Erwähuuug gethan.
Halbwegs zwischen deu beiden Hauptstädten liegt an einem See von geringer Tiefe die Stadt Aray, der Standort der großen Jeddvwache. Dieser Posten gilt für so wichtig, daß der Fürst, iu dessen Gebiet er liegt, und aus dessen Truppen die Wache besteht, fast stets ein Mitglied des Staatsraths ist. Niemand darf durch Aray nach Jeddo ohne einen Paß des Großrichters reisen. Frauen werden nur auf ganz besondere Erlaubniß durchgelassen; und deshalb
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