Ehre und Geld, Schauspiel von Ponsard.
1/boniieur et I'urgent. Lome6ie en ö actes et en vers pur l«'. ?on8iu6. Kiuxelles
et I^eipüig. liiessling et l^omp.
In dem Theaterpublicum von Paris regt sich jetzt eine gewisse Sehnsucht nach edler Schönheit und einfacher Natnrwahrheit in der Kunst, für welche die französische Poesie Form und Inhalt noch nicht gefunden hat. Dem deutschen Gefühl wird ihr tragischer Styl durch rhetorisches Pathos unwahr und geziert, ihre edlen Charaktere erscheinen uns leicht als bombastische, sich selbst bewundernde Komödianten, ihre großen Situationen haben fast immer etwas Ucberladenes, Aufgeputztes, Chargirtes. Scribe, dessen großes Talent gerade wir Deutsche anerkennen müssen, weil er Vieles im hohen Grade besitzt, was unsern dramatischen Schriftstellern fehlt, ist bei dem gegenwärtigen Paris ein wenig aus der Mode, und der Franzose dieser Saison gefällt sich darin, den großen alten Taschenspieler gering zu schätzen. Seine Fehler, muthwillige Frivolität, leichtfertige Behandlung historischer und sittlicher Probleme und die übermäßige Anwendung kleiner äußerlicher Hilfsmittel zum Fortbewegen der Handlung, werden ihm gern vorgeworfen. Er gilt für einen Fabrikarbeiter, für einen Speculanten, für einen Mann, der nm Geld geschrieben hat. Während man aber so streng über das bedeutendste Talent der schönen Literatur urtheilt, und an ihm verdammt, was ein Fehler der französischen Natur und Bildung scheint, hat man sich andere Helden ausgesucht, welche anzuerkennen, im bonapartistischen Paris guter Ton wird, z. B. Augier und vor Allem Ponsard. In den Werken der Letzteren findet das arme Paris von 1833 das Etwas, wonach es sich gegenwärtig so sehr sehnt, edle Gesinnung, Reinheit, Einfachheit und Moralität! Der große Erfolg, den sein letztes Schauspiel gehabt hat, und den einzelne Stimmen einer verständigen Kritik nicht beeinträchtigen konnten, ist zum größten Theil dieser schwächlichen Reaction der Pariser gegen den herrschenden Materialismus nnd
Grenzboten. U. 1863. 2<