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Hippolyt von Bunsen.
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denkt, wo es gilt, die volle Wahrheit zu sagen. Er tadelt offen und entschieden das gegenwärtige Negiernngssystem der deutschen Höfe, die bornirte Reaction der herrschenden Partei, die Unterdrückung eines selbstständigen Gemeindelebens, die ministerielle Bevormundung der Schule uud der Kirche im protestantischen Staate. Er würde seinen Ueberzeugungen nach, im Falle er sich au den politischen Käm­pfen des gegenwärtigen Preußens zu betheiligen hätte, wahrscheinlich entschieden aus dem Standpunkte der Partei Bethmann-Hollweg stehen.

Das Werk selbst soll ans zwei Theilen bestehen. Der erste Theil ist 1851 in zwei Bänden in englischer Sprache erschienen, der zweite, welchen wir noch erwarten, ist ursprünglich deutsch geschrieben. Der vorliegende erste Band enthält zunächst ein Vorwort zu der deutschen Ausgabe, dann die Vorrede zur englischen.

In der ersten Einleitung spricht sich der Verfasser über die gegenwär­tige Physiognomie Deutschlands aus. Trauer über das ungenügende poli­tische Leben, über die Zerrissenheit und Kleinlichkeit der staatlichen Verhältnisse, hohe Achtung vor dem wissenschaftlichen und Kunstleben der letzten Periode. Aber die Wissenschaft iind Knnst seien im Verfall, unser Unterrichts - und Erziehungswesen habe das ganze im dreißigjährigen Frieden aufgewachsene Ge­schlecht körperlich geknickt und geistig in falsche Richtung gebracht; es gäbe für uns uur ein Heil, ein freies Aufblühen des protestantischen Kirchenlebens, welches befreit von Polizei uud Cäsaropapismus sich entwickeln müsse aus freiem Ge- meindeleben. Die theologische Wissenschaft habe die Aufgabe, wieder herzustellen, was dnrch die einseitige Entwickelung der vom Leben getrennten deutschen Philo­sophie und durch den gegewärtigcn politischen Verfall Deutschlands so schwach geworden sei, sie habe wieder herzustellen den Glauben der gebildeten Protestan­ten, einen schönen, reinen Idealismus in der Nation und habe die Wissenschaft mit diesem zu versöhnen.

Diesem Zweck soll auch das vorliegende Werk dienen. In der englischen Vorrede ist Veranlassung und Inhalt desselben auseinandergesetzt. Der verdienst­volle sranzösiche Staatsmann und Gelehrte, Herr Villemain, hatte einen Grie­chen nach dem Berge Athos gesendet, um neue handschriftliche Schätze im Bereich der griechischen Literatur zu suchen. Unter den Früchten dieser Mission, welche in der Pariser Bibliothek niedergelegt wurden, befand sich auch ein Mann- script, aus Baumwollenpapier im 14. Jahrhundert geschrieben, welches durch den drohenden Titel:Ueber alle Häresien" längere Zeit die forschenden Augen der Ge­lehrten von sich abzog, Endlich untersuchte einer der Beamten der Bibliothek, Emanuel Miller, die Handschrist, fand darin zunächst einige kostbare Fragmente des Pmdar und eines andern uubekauuteu lyrischen Dichters und endlich in dem Werke selbst eine sehr alte Abhandlung aus dem dritten Jahrhundert n. Chr., welche über 32 Ketzereien handelte,, und die er dem berühmten Alexandriner Origcnes zuschrieb. Unter diesem Namen wurde das Werk von ihm herausge-