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Wochenbericht.
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das Gemüth zu ergreifen und zu erheben. Mailand geht mit seiner nicht ganz un­bedeutenden Kunstproduction in diesem Sinne voran, aber selbst in Rom droht diese Kunstentartung andere Richtungen zu verdrängen, und ein nicht geringer Theil unsrer Lands­leute dort ist davon angesteckt, weil das Publicum vorzugsweise solche Darstellungen sucht und kaust. Nicht besser als mit dem Kunst- ist es mit dem literarischcn Ge­schmack des Mailänder Adels bestellt, auch hier herrscht französische Bildung mit welschem Cynismus vermischt, an ernsthaftes Studium, an Streben nach Selbsterkenntniß, das doch durch die neuesten Erfahrungen hinlänglich motivirt wäre, ist nicht zu denken. Während man in Deutschland überall die Tendenz bemerkt, sich über die Ursachen der erlittenen Niederlagen genaue Nccheuschast zu geben und positive Grundlagen für den nenen Staat aufzusuchen, während dort alle Parteien ohne Ausnahme ihren Reinigungs­proceß mit sich vornehmen, während man gerade aus dieser Einsicht in die eigene Fehler­haftigkeit die Hoffnung auf ein Bcsserwerden schöpfen kann, ist von alle dem in Italien nichts wahrzunehmen, im Gegentheil ist die grenzenlos hohle Dünkelhaftigkeit so groß als je.

Ziehe ich daher die Summe meiner Erfahrungen im ganzen Lande znsammen, so ist das Resultat freilich wenig tröstlich. Die Zustände des Kirchenstaates sind zu un­haltbar, in Toskana, Modena, Parma uud der Lombardei sind zu viel unzusriedcne Elemente, im gesunderen und aufblühenden Piemont zu viel Rachedurst, als daß der Brand nicht bei der ersten Gelegenheit wieder ausbrcchen und schnell weiter getragen werden sollte, ohne zu irgend glücklichen Ergebnissen sichren zu können. Bei den jetzigen Zuständen der Moralität und Bildung, vorzüglich der oberen Klassen, vermöchte ich von einer neuen Bewegung nur neues Unglück sür das schöne Land zu erwarten.

Von allmählichen Reformen, einer Verbesserung des Unterrichts, Einschränkung des Alles aufzehrenden Psaffenwcsens, Erweiterung der communalcn Selbstständigkeit und allmählicher Erweckung wissenschaftlichen Geistes und freierer Discussion, wäre vielleicht eher etwas zu hoffen; doch dazu ist von Seite der gleichzeitig schlaffen und willkür­lichen nationalen Regierungen wenig Aussicht, wenn man nicht von Wien aus mit gutem Beispiel, mit strengem, aber wohlwollendem Eiser vorangehen will. In der That schien dies eine Zeitlang die Absicht zu sein. Ob es sie jetzt noch ist, möchte ich bezweifeln.

Pariser Briefschaften. Endlich hätten wir ihn --, fast sagte ich, den freien deutschen Rhein, doch will vor der Hand nur heißen: unsren lang ersehnten und erstrebten Kaiser. Dem Lussrsxe universsl ist seine letzte Kraftanstrengung wohl­gelungen, uud der in seinen Illuminationen progressireude Schneider konnte um einige hundert Tausende Stimmen mehr beleuchten. Für die Erleuchtung der Volksstimme hatten schon die Präsecte mit den Ministern gesorgt. Der erste Monarch, der den neuen Kaiser anerkennt, ist ein Bourbone, der König von Neapel was eine der vielen merk­würdigen Erscheinungen mehr ist, welche die Geschichte der neuern Zeit so reichlich bietet. Also ?sr Is Zravk äe visu, psr la volonts nillionslö, und mit der sreudigen Beihilfe Abd-el- Kader's ist das Kaiserreich neu belebt aus dem Juvalidendome wieder hervorgekrochen. Frankreich hat seinen Augustus gesunden. Wir haben die unbequeme republikanische Hülle ganz von uns geworfen und stehen in vollem kaiserlichen Ornate vor dem er­staunten Europa da. Wie Frankreich das ausgenommen, können Sie aus meiner letzten