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Wellington. III.
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liches Erkranken führte die Katastrophe herbei. So wie seine NichtWiederher­stellung außer Zweifel war, ermächtigte der König Canning als den einzigen mög­lichen Mann zur Bildung eines Ministeriums. Canning war aber ein Liberaler aus Princip und hatte sich zum Nachgeben in der Emancipationssrage verpflichtet; außerdem war er nur eine Minorität in dem bisherigen Cabinet. Der Herzog aber war mißtrauisch gegen liberale Principien, wollte nichts mitpolitischen Abenteurern", wie mau Canning und Huskisson nannte, zu thnn haben, nud hatte eine persönliche Abneigung gegen Canning. Kaum war daher derselbe zum Pre­mier ernannt, so reichte der Herzog mit der Mehrzahl seine Entlassung ein, legte auch seine übrigen Stellen als Feldzeugmeister und Oberbefehlshaber des Heeres nieder, und brachte wenige Monate später einen die Kornbill des neuen Ministe­riums verdammenden Beschluß durch das Oberhaus. Dieses Verfahren wurde als factios bezeichnet und als eingegeben von dem Verlaugen, selbst Premier­minister zu sein, welcher letztern Beschuldigung der Herzog mit der Erklärung begegnete, daß er seine Uutauglichkeit zu einer solchen Stellung vollkommen ein­sehe, und daß er verrückt hätte sein müssen, hätte er nur daran denken wollen. Von dem Vorwurf der Factiofität muß man den Herzog freisprechen: mau konnte nicht von ihm verlangen, eine Politik mit in Ausführung zu bringen, deren Prin­cipien er abhold war nnd deren Nothwendigkeit er noch nicht erkannte. Nie aus Princip, sondern erst wenn sich die UnHaltbarkeit von bestehenden Verhältnissen praktisch bewährte, konnte sich sein wesentlich conservativer Charakter zu Neue­rungen entschließen. Die Erklärung seiner Unfähigkeit zum Premierminister wurde ihm aber nicht vergessen, als er noch 8 Monate später nach Ccmning's zu frühem Tode und Lord Goderich's kurzem Ministerium doch als Premier vor das Parlament trat. Der Herzog mit Peel und Goulbourn bildete den-Kern des Cabinets, aber Huskisson und vier andere Canningiten saßen mit darin, und ihre Ansichten gewannen bald Einfluß auf die allgemeine Politik des Ministeriums.

Drei wichtige Fragen forderten gebieterisch eine gesetzliche Lösuug: die poli­tische Gleichstellung der Nichtprotestantcn, die Aufhebung der Kornzölle und die Parlamentsreform. Die letztere Frage war damals am wenigsten weit vorgeschrit­ten, uud es war im Unterhanse keine Majorität dafür zu erlangen; daß der Herzog über die beiden anderen Fragen, wie seine alten Freunde, die Tories, dachte, wußte man. Der Conflict ließ nicht lange auf sich warten; gleich nach Beginn der Session stellte Lord Rnssel einen Antrag auf Abschaffung der Testacte nnd erlangte dafür eine Majorität von Stimmen. Das Cabinet, über diese Frage getheilt, konnte gegen diese Opposition nicht Stand halten, die alten Partei­traditionen erwiesen sich als unpraktisch, und der Herzog fand für gerathen, trotz des verzweifelten Widerstandes seines alten Freundes, Lord Eldon, nachzugeben, und die Bill als ministerielle Maßregel durch das Oberhaus zu bringen. Aehnliches geschah mit, einer Kornbill Huskisson's. Später kam auch die Nesormsrage an das

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