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Eine Concertouvcrture zu „Axel und Walburg" von Ochlenschläger brachte schon früher das letztgenannte Institut.
Der Organist der Johanniskirche zu Leipzig, Herrmann Schellenberg, gab am Sonntage ein sehr besuchtes Concert in der Thomaskirche. Das Programm war gut zusammengestellt aus Compositionen von I. Seb. Bach, Hauptmann und Mendelssohn. Den Vortrag der Gcsangsstücke hatte der Thomanerchor, die Soli der Sänger Behr übernommen. Besonderes Interesse boten zwei Stücke von Bach, eine Arie sür Baßstimme, obligate Flöte und' Orgel und eine Cantate (Ach Gott im Himmel sieh darein) sür Chor und Baßsolo. Beide Stücke wurden das erste Mal seit Bach's Zeiten zu Gehör gebracht, die Arie war überhaupt noch nie ausgeführt worden. Wir empfehlen die letztere allen Freunden Bach's auf das Angelegentlichste; sie ist uns bis in's innerste Herz.gedrungen und hat uns von Neuem überzeugt, daß der alte Herr kein pedantischer Nechnenkünstlcr gewesen, daß ihm vielmehr ein recht frommes und feinfühlendes Herz im Busen geschlagen. Die Zusammenstellung der Flöte und Orgel erzeugt eine angenehme, warme Klangwirkung, vorausgesetzt, daß der Organist aus feine, der Flöte angemessene Weise registrirt, was der Concertgeber sehr geschickt gethan hatte. In Form und Charaktcr, nähert sich diese Arie jener des AltS in der großen Passion (Nr. 10, Ausgabe von Schlesinger). Die Stimmung und die Grundgedanken des Textes kommen fast überein, eben so ist die Flöte auch dort das in der Begleitung hervortretende, oder eigentlich das wirklich melodiesührende Instrument, zu dem die Singstimme mit neuem Motive tritt und im unablässigen Wechselspiel die außerordentlichen Wirkungen erzielen hilft, durch welche Bach jeden Augenblick überrascht. — Die Cantate ist ein streng protestantisches Kirchenstück, dessen erster, contrapunktisch gearbeiteter und übermäßig ausgedehnter Satz endlich ermüdet. Das folgende Baßrccitativ ist charakteristisch und schön, nicht minder der im einfachen Contravunkte geschriebene Schlußchvral, , der in der bekannten Weise des Meisters geführt ist. Am Schlüsse spielte der Concertgeber eine große Fantasie: „Zum Gedächtnisse Bach's," von, seiner eigenen Com- posttion. Herrmann Schellenberg ist einer der tüchtigste», kcnntuißrcichsten Organisten unsrer Stadt und er verdient wegen des Genusses, den er den Verehrern des Orgelspiels bereitete, und wegen der trefflichen Zusammenstellung des Programms großen Dank.
In Paris wurden zwei neue Opern gegeben; die erste: „I.o?örö KaMsrcl," ist von Sauvage und Reber. Eine frühere Oper von Rcber: „I.a nuit äö Noöl," erlangte nur geringen Beifall; die Partitur der neuen soll freier und ungezwungener sein, besonders aber von großem, Geschmack in der Behandlung der Instrumente zu komischen Effect zengen. — Die zweite Oper ist von Adam comvonirt und heißt: „8i ^'ötsis roi."
Ein neues Oratorium: „Johannes der Evangelist," von H. Küster wird in der Berliner Sing - Akademie zur Aufführung kommen. Der Componist nennt es ein dramatisches Oratorium.
Beethoven's Sonate pathvtique ist von Schindelmeister für großes Orchester bearbeitet worden. Das Arrangement liegt vor uns, und wir können uns darüber mit großer Befriedigung aussprcchen. Die Direction der Euterpe wird diesen Winter Gelegenheit suchen, dieselbe vorzuführen.
Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwort!. Redacteur lcgitiniirt: F. W, Grunow. — Verlag von F» L. Herbig
in Leipzig. Druck von C> E. Elbert in Leipzig.