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Frl. Gey sind in Rollen zweiten Ranges, die erstere Dame auch in größeren Partien recht verwendbar. Schlimm sieht es noch immer mit unseren Tenoristen ans. Mautius ist ein vorzüglicher Regisseur sür die komische Oper, in Tenor- lmffoPartien noch sehr an seiner Stelle, aber zu größeren Aufgaben reichen seine Kräfte immer weniger hin. Pf ist er wird glücklicherweise nur selten beschäftigt, seitdem Form es engagirt ist, der wenigstens eine kräftige, gesunde und nicht durch uud durch verbildete Stimme und eine natürliche, freilich nur den allerpopulairsten Seelenznständeu gewachsene Auffassung hat. Ich habe Schubert'sche Lieder von ihm so singen hören, daß ich wirklich darüber stauuen mußte, wie man blos einer guten Lunge wegen 3000 Thaler Gehalt beziehen könnte. Aber den gewöhnlichen Thcaterhelden, deren Empfindung selten so tief zu gehen pflegt, wie ein Schubert'sches Lied, weiß er bis zu einem gewissen Grade gerecht zu werden. Auch unter den Bassisten sind einige Veränderungen vorgegangen. Kranse uud Zsch lösche sind nach wie vor, jeder an seiner Stelle, sehr tüchtig, vbschon freilich von dramatischem Gesang gerade diese beiden die schwächsten Begriffe haben; Salomon geht nach München; Bost, seit etwa einem Jahre engagirt, ist ein verwendbares Mitglied der Bühne; an die Stelle Salomon's wird, wie es heißt, Signvr Marchese engagirt werden, den Sie im letzten Winter auch in Leipzig hörten, ein Italiener, dem die Natur außer einer schonen Gestalt uud Stimme auch Liebe zur deutscheu Musik gab. — Auf dem Repertvir war nicht viel Neues ; größere Werke wareu Casild a vom Herzog von Sachsen - Gotha und der Schöffe von Paris von Dorn. Die in glänzender Ausstattung zur Aufführung gelangte Casilda macht einem Dilettanten Ehre. Der Schöffe von Paris, auf anderen Bühnen längst heimisch, gehört zu den besseren komischen Opern der letzten zwei Decennien, bedarf aber, wie die gauze Gattung, eines kleinern Rahmens, um zu gefallen; kleine Stoffe werden vom Opernhaus erdrückt. Das reizende Liederspiel Mendelssohn's: die Heimkehr aus der Fremde, das durch seine Frische und Anmuth in gewisser Beziehung als eine Oase unter den schwer- mnthig-sehnsüchtigen Kompositionen Mendelssohn's erscheint, ist nach zweimaliger Aufführung wieder aä aeta gelegt worden. Es steht an Erfindung den meisten Werken Meudelssvhu's nach; aber die Gcmüthsstimmung, aus der es hervorgegangen, ist eine viel gesundere, vielleicht eben darum, weil er durch ein freudiges, objectives Ereignis), aus der Einseitigkeit einer in sich bohrenden, unruhigen und schwer- wüthigen Subjectivität herausgerissen war. Es ist natürlich, menschlich und einfach; ein leiser Zug von Schwermuth, ein leiser Anfing jenes eigenthümlichen koboldartigen Humors giebt dem Ganzen die Färbung, an der der Autor erkennbar ist; aber wie wenig hervortretend sind diese Schatten im Vergleich zn der unschuldigen, harmlosen Lieblichkeit des Grnndcolorits! — Wie es scheint, wird jetzt Herr Ferdinand Gnmbert mit seinen „neusten Liedern" unsre Bühne versagen. Ein Liederspiel haben wir schon glücklich überstanden >,Die Kuust geliebt Grenzboten. III. 40