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Die Appenzeller Landsgemeinde : eine Grenzbotschaft. 1.
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mus, ist der ganze Weg von Gruppen aller Art besetzt, welche das Fest und die erzwungene Langsamkeit der Gefährten zu einer reichen Bettelernte benutzen.

Wer gerade, ans Bayern kommt, wo Hr. v. d. Pfordten zufolge seiner par­lamentarischen Versicherungen, die Rettung des Königthums und der Gesellschaft glänzend durchführt, oder aus Oestreich, wo mau diesen Zweck energischer mit Belagerungszustäudlichkeit und Verfassungsaufhebung erreicht, der findet iu dieser massenhaften Bettelei gerade noch keinen Beweis für die staatszerrüttenden Wir­kungen einer demokratischen Republik oder für kommunistische Neigungen ihrer Be­völkerung. Ist man dagegen des Verkehrs in den übrigen Cantonen der Nord-

^Schweiz gewohnt, so wird man allerdings einigermaßen von dieser Jnnerrhodner Eigenthümlichkeit betroffen; deuu in den überwiegend reformirten Landestheilen der Eidgenossenschaft ist überhaupt der Bettler am Wege eine seltene Erscheinung und selbst in den cisalpiuischen Cantonen katholischer Konfession erscheint derar­tiger Gewohnheitsbettel nicht gleichermaßen auffallend. Wie sich dies nun eben in Appenzell Jnnerrhoden, begünstigt dnrch die geographischen, gewerklichen und selbst politischen Verhältnisse ganz besonders ausgebildet hat, gehört am Ende nicht Hieher. Dem Feinde dermit Europa's Charakter unverträglichen" demo­kratisch-republikanischen Verfassungen erlauben wir uuö jedoch noch eine besondere Freude durch Anführnng der Thatsache zu bereiten, daß Appenzell Jnnerrhoden im übleu Gerüche staud, den Vagabunden, Gaunern und Strolchen aller Art ein ganz besonders liebes Heimathland zn sein. Dankbar für die relative Sicherheit dieses Wohnsitzes waren dieselben freilich; denn nirgends zog der einsame Wanderer sicherer durch unwegsamste Gebirgseinöden, nirgends bedürfte das bewegliche Eigen­thum geringerer Bewachung, als eben in Appeuzell Jnuerrhoden. Allein das war eine Klugheitsmaßregel der heimathslos Heimathlichen, welche, als vor meh­rern Jahren ihrer 36.00 aufgefangen wurden, zum allergrößten Theile weder dem Canton Appenzell, noch überhaupt der Schweiz augehörig befunden wurden, sondern wie gehetztes Edelwild ja pflegt von den königl. bayerischen und k. k. östreichischen Nachbarlandeu nnr herübcrzuwechseln liebten. Diejenigen denen man es nachweisen konnte, traf Verbannung aus dem Canton; Anderen, bei denen dies unmöglich oder deren Besitz freundnachbarliche Großmuth zurückwies), wurden bestimmte Polizeiheimathen octroyirt. Seit jenem Momente ist leider ein Hanpt- gegenstand übler Nachrede gegen die kleine Demokratie Jnnerrhoden verschwunden. Auch wird der echte Royalist aus Klugheitsgründen gutthuu, selbst vom übrig geblie­benen Straßenbettel keine politischen Folgerungen abzuleiten; republikanische Jm- pietät wäre sonst im Stande, Süd- und Niederbayern oder Vorarlberg und Tyrol zu ungehörigen Vergleichungen heranzuziehen.

Am heutigen Festtage hat jedoch selbst der Bettel in Appeuzell nichts Trüb-

, seliges und Drückendes. Man sieht es ihm an, er ist ein halbes Zubehör des Festes oder das Aequivalent einer kleinen Fremdensteuer. Um Geld fürLands-