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Cine Hpfsängeritt des Kaiser Mapoleon.
Nach Scudo.
Im Januar 1850 starb zu Mailand,im Alter von 77 Jahren Josephine Grassini, zu ihrer Zeit die' gefeiertste Sängerin der italienischen Oper in Paris. Sie war 1773 meinem Dorfe in der Nähe von Mailand geboren, die Tochter eines armen Bauern. Ihre seltene Schönheit machte den General Belgiojvso aus sie aufmerksam, der sie uach Mailand brachte, und sie von den besten Meistern in der Musik unterrichten ließ. Nachdem sie sich vorher in einigen Concerten mit Beifall hatte hören lassen, betrat sie 1794. zum ersten Mal das Theater äella Seala iu der Oper Artaxerxes vou Zingarelli, gleichzeitig mit dem berühmten Sopranisten Marchesi und dem Tenor Lazzarini. Der Erfolg war entscheidend für ganz Italien; die sämmtlichen Theater der Halbinsel machten sich die junge Sängerin streitig. Nachdem sie zwei Jahre hindurch in den verschiedenen Städten ihre Triumphe gefeiert, kehrte sie 1796 nach Mailand zurück und trat zuerst in der Campaspe von Traetta, dann in Romeo und Julia von Zingarelli aus, welche Oper eigens für sie und für Crescentini geschrieben war. Jede Sängerin hat iu der Regel eine Rolle, in welche sie, alle Poesie ihres Lebens zusammendrängt; für die Grassini war diese Rolle die Julia, so wie sür die Basta der Tancred, sür die Malibran die Desdemona, sür die Grist die Norma.
Während des Carnavals 1797 sang sie in Venedig in den Horatiern von Cimarosa, der besten ernsthasten Oper dieses ausgezeichneten Componisten, die er 1794 componirt hatte. Von da wurde sie nach Neapel berufen, um die Hochzeit des Erbprinzen zn feiern. Der Aufenthalt in Neapel war eine der glücklichsten Perioden ihres Lebens. Piccini, der damals vor den Wechselfällen der französischen Nevolutiou nach Neapel geflohen war, compouirte sür sie eine Ccmtctte, die sie bei Hofe singen sollte; aber sein Schüler Ansossi hatte so viel Einfluß, daß er statt dessen ein Musikstück vou seiner Composition einschob. Um Piccini zu entschädigen, ließ Prinz August von England, später Herzog von Susiex, die Cantate von der Grassini in seinem eigenen Hotel vortragen, und wurde bei dieser Gelegenheit von den Reizen der schönen Sängerin vollständig unterjocht. Er erwies sich als einer der glänzendsten und freigebigsten Liebhaber; aber seine Eifersucht hatte für die Geliebte auch manche Unbequemlichkeiten. Eines Tages glaubte der Prinz von ihrer Untreue überzeugt zu sein, und beschloß sich zn rächen. Er bezeigte Lust, mit ihr eine Seefahrt zu machen. Es war eine schöne Herbstnacht. Der Schein des Mondes beleuchtete das anmnthige Gesicht der Sirene, die in nachlässiger Stellung hingestreckt lag, als sie plötzlich von zwei starken Matrosen ergriffen und ins Meer geworfen wurde. „Aber denken Sie sich," erzählte der Herzog von Sussex dreißig Jahre später dem Säuger Lablache, „dieser Dämon