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mern zn bewahren suchen, sind solche Regierungen stark zu neunett? Eben so wenig ist die ganze Administration der Staaten eine dauerhaste uud solide. Nur wenige sind im Stande, ihre Ausgaben — stehende Heere uud Negieruugskosteu— durch die Einnahme — die Proceute vom productiven Vermögen des Volles — zu decken. Sie sind zum Schuldenmachen genöthigt, um sich zu erhalten. Das ist die gefährlichste Schwäche, deuu sie wird zu einer abzehrenden Krankheit des Staates. —> Und vollends die deutsche Politik gegen das Ausland! Wenn eine Regierung gegenüber dem eigeuen Laude um ihre Existenz besorgt sein muß, so kann mau von ihr uicht verlaugeu, daß sie gegeu die Nachbarn Energie uud Konsequenz zeige. Wie es in diesem Punkt mit den deutschen Staaten steht, braucheu wir uicht auszuführen.
So leiden die Regierungen am Meisten unter der gesinnungslosen Apathie oder dem schwächlichem Beifall, mit welchem das Volk ihre furchtsamen Maßregeln begleitet, und für sie ist eine solche Periode am gefährlichsten, denn sie werden herabgedrückt zur Partei, und verlieren die höchsten Attribute der Majestät. Es gehört viel für eineu Regenten dazn, während solcher Zeit nicht zn verkümmern; bei der ewig gereizten Empfindung den freien Blick, bei der unterwürfigen Glcich- giltigkeit der Auderu die vernünftige Selbstbeschränknng zn bewahren. Ein Fürst, welcher es liebt, einen eigenen Willen zn haben, wird in solcher Zeit leicht gewaltsam, rücksichtslos-, ein Verächter alles Gesetzes; ein anderer von weicherem Gefühl wird eine Beute der persönlichen Umgebung, welche seinen Empfindungen schmeichelt und ihm die unschöne Gegenwart durch allerlei Küuste 'verkleidet. Jedem Regenten aber wird es durch eine solche Zeit fast unmöglich ^ gemacht, die Willenskraft seines Volkes zn achten nnd das Wollen der Nation zu verstehen, weuu die Zeit kommt, wo dieses sich kuud giebt.
Uud dariu seheu wir für unsre «Hukuuft die größte Gefahr.
Deshalb haben wir für das neue Jahr keinen größern Wunsch, als daß der Muth uud das Vertrauen znr eigenen Kraft in die groHe Zahl der Erwerbenden und Gebildeten zurückkehren möge. Nicht nnsre politische Situation macht uns schwach, klein, kläglich, souderu die uubestimmte blasse Scheu vor dieser Situation, vor der Vergangenheit uud der Zukuuft. Wir stehen ja weder in der Politik, noch in unsrem Verkehrsleben, noch in Wissenschaft nnd Kunst so gar verzweifelt! Im Gegentheil, wir haben alle möglichen Aussichten, wenn wir nur Kraft uud Wille'u besäßen, gerade darauf loszugeheu. Alle uusre Fortschritte iu der staatlichen Entwickelung, in Handel nnd Industrie, ja auch in schöner Kunst uud Wissenschaft, Alles hängt davon ab, daß wir den Muth gewiuuen, ehrlich, gewissenhast und consequent, Jeder in seinem Kreise, unsre Schuldigkeit zu thnn, nnd dieselbe Sittlichkeit, Energie und Consequenz von unsreu Staatsmännern wie von unsren Gelehrten und Künstlern männlich und unausgesetzt zu fordern.
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