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Die Wahlbruderschaft der Serben.
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ihm stand der Delifischek Spaho Spaic in vollem Waffenschmuck. Eine Weile stand Gergo stumm vor Schreck, dann stammelte er schüchtern:Euch helfe Gott und schenke Glück Euch, ehrsamer Aga." Da runzelte der Spaho die Stirn und brummte:Was sür ein Aga? kömmst Du mir mit dem Aga? Hol der Teu­fel den Aga! Laß den Unsinn sein und nenne mich Deinen Wahlbruder, denu der bin ich." Aus diese Autwort war Gergo nicht gefaßt: er war wie ans den Wolken gefallen, noch nicht recht wissend, ob Spaho's Rede ernst gemeint sei, oder bitterer Spott, doch ermannte er sich gleich und fragte gemäß der üblichen Etiquette nach dem Wohlsein des improvisirten Bruders. Dieser dankte freund­lichst in wohlgesetzten Worten, nahm den Gergo beim Arm und führte ihn in sein Hans. Ein Festmahl ward bereitet, und viele Gäste dazn geladen, lauter Männer von Gewicht, rechtgläubige Türken, reiche Kaufleute und Hofbeamte des Pascha und Gergo saß am Ehrenplatze, und Spaho Spaic klopfte ihm bei jedem Gerichte, indem er sich mit der linke» Hand dett struppigen Bart strich, mit der Rechten aus die Achsel und wiederholte jedesmal schmunzelnd:Seht, dieser ist mein lieb­ster Gast,-mein Wahlbruder, der Gergo!" Drei Tage wurde hoch geschmaust in Spaho's Hause, dem Gergo zu Ehren, und brav Rakie getrunken. Am vierten Tage überreichte Spaho Ehrengeschenke dem Gergo für ihn und sein ganzes Haus. Spaho's Weib schickte für Gergo ein seidenes Hemd, buutwollene Strümpfe, ja auch ein Paar Hosen! Als Gergo aufbrach, führte ihm Spaho selbst das Pferd vor und hielt ihm den Steigbügel, dann begleitete er ihn mit der ganzen Tisch­gesellschaft zu Pferd eine halbe Stunde von Mostar.

Zu Hause angelangt, erzählte Gergo die ganze Geschichte seinem Weib nud den verwunderten Nachbarn. Drei Tage darauf wählte er zwei der schönsten Ochsen aus seiner Heerde, bchäugte sie mit rothem .Tuch und steckte ihnen ver­goldete Aepfel an die Hörner und sandte sie so nach Mostar dem Spaho Spaic als eiu brüderliches Gegengeschenk.

Seit jener Zeit vertragen sich Gergo und Spaho wie leibliche Brüder, und seit jener Zeit hat Spaho, treu seinem Bundcsbrnderschwur, keinem Christen mehr auch nur ein Haar gekrümmt. Spaho ist ein anderer Mann geworden und sein alter Beiname Delifischek wird bald in Vergessenheit kommen. ^ > ^