38
Schiedsrichter über die Differenz werden soll, in der Ordnung, eben so sehr aber die männliche Antwort des Großherzogs, daß eine Verzögerung in der Auflösung der alten ritterschaftlichen Administration unmöglich sei, weil'sein Land zu sehr darunter leiden werde. Uebrigens hat die mecklenburgische Regierung dem Verwaltungsrath des Bundesstaats dies angezeigt nud derselbe billigend erklärt, er halte den Augenblick nicht für vortheilhaft, 'den CompetenzconM mit Frankfurt anzuregen, vertraue aber, daß die preußische Regierung fest auf dem Bündniß vom 26. Mai steheu und die Rechte der neuen Verfassung wahren werde. —
Es ist kein Grund anzunehmen, daß die preußische Regierung das nicht thuu werde. Aber leicht mag schon jetzt, bei diesem ersten Geschäft der Juterimscom- mission sich herausstellen, daß der Gegensatz der staatlichen Interessen in Deutschland so stark geworden ist, daß die Bestimmungen des alten Bundes nicht ausreichen, sie zu bändigen; jedenfalls wi-'d dies das Endresultat der Commissiou sein. Die Unmöglichkeit einer Restauration des alten Bundes nnd für Oestreich die Unmöglichkeit in einen engern Bund einzutreten, werden auch dem Ungläubigsten klar werden und das Interim, welches uns höchst wahrscheinlich in dem, was es abmacht, nicht viel Gntes bringen wird, soll uns durch das Wichtigere, das es nicht abmachen kann, den größten Dienst leisten, uns von alten Pflichten zu befreien, in denen kein Sinn mehr ist, und uns neue Pflichten klar zu machen, gegen welche sich das Vorurtheil hier und da noch stränbt. Die Jnterimscom- mission wird trotz ihrer Macht und Vollmacht durch ihre Thätigkeit sehr unvorteilhaft abstechen gegen das frische, kräftige Leben in Erfnrt, und Ersnrt soll der Nation zuerst werth werden im Gegensatz gegen Frankfurt, dann ein Nebenbuhler, zuletzt sein Nachfolger. Wer die östreichische Politik nud die Lage des Kaiserstaats prüfend mustert, dem kann die Hoffnung auf solchen Sieg nicht befremdlich klingen; man kann nur über die Zeit, in welcher das Ziel erreicht werden wird, verschiedener Ansicht sein, und ob die Zahl der- Täuschungen und Maßregeln, welche wir vorher zu bedauern haben, größer oder kleiner sein wird. Vorläufig haben wir uns nur um den nächsten Schritt zn kümmern: wir werden in diesem Frühling zu Erfurt ein deutsches Parlament durchsetzen!
In den alten Kirchen zu Erfnrt fängt ein unheimliches Werk an. Herren mit Bri- len klopfen prüfend mit dem Zeigefinger an die Pfeiler, Zimmerleute mit Zollmaaßen schreiten messend durch die Schiffe und Chöre; ein Parlamentshaus wird impro- visirt in den frommen Steinbauten nnd die Geister der bärtigen Mönche kann man jetzt jede Nacht händeringend auf ihren Leichensteinen sitzen sehen, wie sie bitterlich klagen über die drohende Störung ihrer hundertjährigen Ruhe. Auch in den Staaten regt fich's zu den Wahlen am 31. Januar, WMcomitvs sind gebildet, die Versammlungen der Parteien beginnen und gute Namen klingen in die Ohren der Wähler. Die Demokratenpartei von 48 hat sast überall den Entschluß gefaßt, nicht zu wählen. Es ist dagegen nichts zu sagen. Wenn eine politische Partei sich in Masse von der Theilnahme an der höchsten und edelsten Thätigkeit im Staatsleben zurückzieht, weil sie dem Staat die Berechtigung zu leben'abspricht, so gleicht sie jenem armen Verrückten, welcher seinen Wächter dadurch zu beseitigen 'glaubte, daß er ihm einen Tvdtensckein nach dem andern ausstellte. In der That schreibt sie durch ein solches Verhalten ihrem eigenen Witz und ihrer Kraft das Todeszeugniß. Wir aber freuen uns im Jutercsse unserer Partei und unseres deutschen Vaterlandes über diesen großen politischen Fehler. Wir werden jetzt viel weniger Thorheit nnd Beschränktheit der Einzelnen zu überwinden haben, und wenn wir eine Anzahl von braven und tüchtigen Männern, welche durch das Jahr 48 an die alte demokratische Partei gebunden sind, un- geru in dem nenen Parlament vermissen werden, so ist die Zahl derer doch viel größer, zu deren Abwesenheit wir uns Glück wünschen.