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ist das stärkste Gefühl, welches Ihre „Staatsbürger" aufzubringen vermögen, snrchtsame Antipathie gegen uns, uud das stärkste Gefühl, welches Ihre Fürsten haben, furchtsame Bewuuderuug. —
Das Priucipat des Kaisers über die deutfcbeu Staateu bericht auf dem Gegensatz zwischen Oestreich uud Preußeu. Uusere Politik muß seiu, beide Staaten zu conserviren, die divergireudeu Juteresseu beider zu uuterstützeu, keinen so einflußreich uud mächtig werden zn lassen, daß er den andern klein macht. Ginge das Protectorat Preußens von der Nordsee bis an das Erzgebirge und die Alpen, so würde sich unfehlbar in den deutscheu Stämmen Selbstgefühl uud eiue Energie einstellen, welche sür uns nnbeqnem sein müßte, eine staatliche Einheit wäre die schnelle Folge uud dieser juuge Staat wäre eiu Feiud Nußlauds. Geläuge es dagegen den östreichischen Waffen, Prenßen vollständig zu reduciren und ein deutsches Kaiserreich wieder herzustellen, so würde die bisherige östreichische Politik sich wesentlich modificiren uud der ueue große Staatskörper wäre ebenfalls ein. Feind Nußlands. So lange aber beide Staaten gegen einander mit ziemlich gleichem Erfolge kämpfeu, fiud beide geuöthigt, die Rathschläge des Kaisers zu befolgeu, deun keiuer von beiden ist stark geuug, dem Gegner das Gleichgewicht zu halten, wenn Nußlaud sein Schwert in die Wagschale desselben legt. Beide Staaten sind Nnßland gegenüber hilflos und entblößt, die lauge Ostgreuze Preu- ßeus uud die Greuzeu vou Gallizieu, ja selbst von Ungarn und den südslavischen Provinzen sind unsern Heeren gar nicht zu verschließen.
Beide Staaten begehren die Hegemonie über Deutschland, beide haben zu natürlichen Gcgueru die kleinen Königreiche nnd wie Ihre Nippes-Souveräuitäteu sonst heißen. Das Interesse des Kaisers ist daher, die unschuldigen kleinen Staaten gegen Beide zu schützeu. Mau weiß bei Ihnen wahrscheinlich nicht, wie leicht uuö das gemacht wird, welchen Werth eiue kleiue Aufmerksamkeit uuserö Hofes, ein wohlwollendes Wort des Kaisers bei deu meisten der kleinen deutschen Souveräne hat, und wie kläglich die Haltnng derselben ist, wenn sie den Strahlen unserer Hofsonne nahe kommen. Die nützlichsten werden durch Heiratheu beehrt, die Priuzessiuuen deutscher Höfe siud willig, uuseru Glaubeu auzuuehmcn, die Prinzen, welche unsere Czarentöchter erhalten, fügen sich eben so gern der Sitte, daß uusere Töchter au fremden Höfen dem Glauben des heiligen Nußlands rren bleiben.
So ist jetzt die Aufgabe uuserer Diplomaten: Oestreichs und Preußens Negieruug Wohlwolleu zu zeigeu, die eifersüchtige Spauuuug Beider zu erhalte», ohne sie zn einer entscheidenden Krisis kommeu zu lassen, uud das politisch ohnmächtige Drittel von „Deutschland", um welches Beide werbeu, gegen Beide zu sicherm.
Diese Politik, so einfach uud uothweudig sie ist, hat gleichwohl durch die Persönlichkeit des Kaisers uud die politischen Ereiguisse der letzten Jahre eiuige Modifieationen erhalten.