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Kleine Correspondenzen.
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Art waren diese Wenigen! Das Ausland wird im voraus Erkenntniß genug über diesen zarten Punkt aus allen Zeitungen und selbst aus einem langen Corrcspondcnzartikel der Deutschen Reform geschöpft haben, in welchem einige der neuesten Beamten, wie der vor nicht vielen Jahren eum inlamia von der Universität Marburg relcgirte, vom Assessor zum jugendlichen Justizbeamten und dann zum Bezirksdirector ernannte Herbart u. f. w. erwähnt werden. Doch kehren wir diesem Schmuz den Nucken, da hier nichts mehr zu constatiren ist. Für die Moralität und die Ehrenhaftigkeit des hessischen Beamten­standes bleibt auch das für immer ein ehrendes Denkmal, daß sich so äußerst wenige Männer aus seiner Mitte zur Uebernahme einer mit dem glänzendsten und rapidesten Avancement verbundenen Amtsführung im Sinne Hasscnpflug's gefunden haben. Angeboten war Alles, nach Belieben Staatsprocurator, Gencralauditorat, Kriegsgericht, Bezirksdirection, Ministerialrefcrat. So stark war die Macht der öffentlichen Meinung, so entscheidend bis in das innerste Mark selbst grobnerviger jüngerer Neactionäre wirkte die allseitig auch in den höchsten Regionen gewahrte Amtsehre des Staatsdicncrstandcs, daß die Minister mit ihren ^paar getreuen Referenten selbst von Seiten Derjenigen, welche mit stierem Blick auf die gebotenen Fleischtöpfe Egyptens blickten, Reservate gegen verfassungswidrige Dienstleistungen entgegennahmen uud auch unter ihnen eine allgemeine Fahnenflüchtigkeit eintrat, ansehen mußte«, nachdem juristisch kein Zweifel mehr vergönnt war über Gesetz­mäßigkeit oder Ungesetzlichkeit der ministeriellen Maßnahmen. Selbst ein Dehn-Noth- Helfer verwahrte sich in dem Organ derncuhessischcn constitntionellen Rotte" in der Neueu hessischen Zeitung wie gegen eine verleumderische Insinuation gegen die Mit­theilungen der Presse, welche ihn einer Uebernahme eines Amtes von dem kriegszuständlichen Oberbefehlshaber über Alles, was in Kurhcssen lebte, beschuldigten. Etwas mag für Manche als Präservativ vielleicht auch die prompte Civiljustiz gewirkt haben, mit welcher mitten in der Suspension des ordentlichen Gerichtsversahrens, oder wenigstens trotz des militärischen Schutzes im Kricgszustande einigen vorwitzigen Naschmäulern so derb aus die Nase geklopft wurde, daß sie sich sofort wieder in ihr ursprüngliches Stillleben zurück­zogen. In dieser Partie uuserer Erlebnisse, welche den Kontrast zwischen demSoll" und demIst" währeud der Dauer des Kriegszuftandes enthält, ist eine Fülle drastischer Situationen und komischer Ueberrathungen zu Tag getreten, welche zu den schönsten Er­folgen gehören, die das Recht in Kurhesseu gegen die Gewalt wahrend der letzten paar Monate errungen hat. So mußte der Müller und der Obcrmüller erfahren, daß auf der kriegszuständlichen Mül/le das rechte Treibwasser fehle. Letzterer wird gewiß nie den Schluß seiner Verhandluugen mit dem zweiten Bürgermeister der Stadt Kassel vergesse«, in welche er im Auftrage der kurfürstlichen Regierung unter dem Schutz des Kriegszustandes seineKasseler" Zeitung gründen wollte; Ersterer hat offenbar die Geschichte mit dem gauz neuen Factum bereichert, daß ein von der höchsten Ge­walt im Kriegszustande ernannter Polizeicommissar von der Bürgergarde am hellen Tag im Haus cernirt wurde, bis er die vom herbeigeholten Amtsphysicus bescheinigte Möglichkeit nach vollen zwei Stuuden ohne Gefahr, das städtische Gefängniß uuter Escorte betreten zu können, in die nackte Wirklichkeit übertragen konnte. In Notenburg reicht der Arm der gcwöhulicheu Justiz so weit, daß ein von dem Oberbefehlshaber ernannter Civilfunctionair nur in oonwinaoiain zu scchswöchentlicher Festungsstrafe ver­urtheilt werden konnte, weil er das gegebene Wort, sich dem Gericht wieder stellen zu wollen, brach. Hat doch selbst ein wohllöblicher Senat der Universität Marburg, der