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Preußischer Brief.
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die Gefahr des Untergangs übernimmt, bei einem günstigen Erfolg wenigstens ein bleibender Gewinn zu erwarten ist. So standen die Sachen nicht. Schon war die Grundlage der preußischen Macht, das Vertrauen, wenigstens theilweise unter­graben, wenn auch Preußen ans seiuer Situation ewig nene Hilfsquellen schöpfen wird. Das zweideutige Verfahren seiner Lenker hatte die Stärke und den Mnth seiner Gegner gekräftigt. Unsere Lage bot wenig Hoffnnng.

Zndem steigert die jetzige Wendung der Dinge die Znversicht, daß das Ende des gegenwärtig in Preußen herrschenden Systems nahe bevorsteht. Wir haben einen mächtigen Bundesgenossen zu erwarten, der früher gegen uns war, das gekränkte Ehrgefühl der preußischen Armee. Die Aufforderung am Schluß meines vorigen Briefes an die Kammern, die Novembermänncr um jeden Preis zu stürzen, bleibt in voller Kraft. Sie dürfen nicht sanmig sein, denn daß jene einmal fallen, ist außer Frage, bei der Schnelligkeit aber, in der jetzt die Kriseu auf einander folgen, handelt eS sich darnm, was früher eintritt: ihr Fall oder Preußens Untergang.

Kleine Correspondenzen.

Aus Kassel. Es darf nicht Wunder nehmen, daß das Ministerium Hassenpflug in der Presse durch­weg mit dem Minister Hans Daniel Hassenpflug identificirt worden ist. In der That gingen alle ministeriellen Gedanken, Worte und Handlungen von Hassenpflug aus. Auch die wichtigsten Angelegenheiten, welche überall sonst nur nach einer Plenarsitzung und in Folge eines Collectivvotums zur Vollziehung gebracht werden, wurden von Hassenpflug allein beschlossen und ausgeführt. Um nur etwas zu erwähnen, so kam, nachdem Hassenpflug die Ständcversammlung hatte auflösen lassen und damit den sslto mortale ' auch aus dem Schein der Verfassungsmäßigkeit in den uuverhüllten Vcrfassnngsbnuh vorbereitet oder vielmehr herbeigezwungen hatte, noch etwa eine Stunde später Herr Duysing als Commissarius des Finanzministers Lometsch an, um den Ständen ander­weitige Propositionen zu machen, von denen sich Lometsch doch noch ein befriedigendes Arrangement mit dem Landtag in der Budgetfrage versprach; so dictirte gradezu Hasscupflug die nächtlicheAbreise" des Ministeriums mit dem Kurfürsten, nachdem er diesem was noch nicht widerlegt worden ist allerhand sonderbare Lügen, wie die von einer in den Kasernen ausgcbrochcnen oder nahe bevorstehenden militärischen Meuterei, vorgemacht haben soll. Gerade diese beiden Thatsachen aber sind die entscheidendsten Wendepunkte in dcm ganzen Verlauf der Dinge, wie wir sie erlebt haben. Die übrigen Minister haben um so weuiger auch nur einen ernsthaften Versuch gemacht, sich von dem Schulmeistcrscepter Hassenpflug's zu cmancipiren, als sie im Ansehen bei dem Kurfürsten weit hinter jenem zurückstanden, von Haus aus uutergeorduete Köpfe waren und uur so viel Courage besaßen, um auf dcm Wcge ,der Staatsverbrechen einem voranschreitenden Führer zu folgen, nicht aber, um in eine Linie mit ihm zu treten oder gar ihm voran zu schreiten.