47
die eine rein lyrische genannt werden muß. Dennoch sind von seinen vielen Arbeiten in diesem Fache zwei Werke als vorzüglich und in der Kuust Epoche machend hervorzuheben; die Opern Faust uud Jessonda. Marschner stand ans dem entgegensetzten Pole, die feinen Zeichnungen der Lyrik wollten ihm nicht immer gelingen, er skizzirte in großen Umrissen, mit stärkereu Linieu; aber beide Künstler haben das gemein, daß sie in ächt deutschem Siune schrieben, daß sie, fremden Einfluß verschmähend, nur für die einheimische Knnst wirkten und ihr künstlerisches Gewissen höher achteten, als den Beifall der Menge.
Es ist eine eigenthümliche Erscheinung, daß wir in Deutschland, trotz aller Mühe, noch nicht dahin gelangt sind, eine wirkliche nationale Oper zn besitzen. Es gab unter unsern Künstlern stets Einzelne, welche als Vorbilder aufgestellt werden, denen uachzueiferu Ehrensache der Künstler seiu muß, allein sie sind immer vereinzelt geblieben, uud im Lauf der Zeiteu zwar uicht vergessen worden, aber nnr in seltenen Fällen haben sich die Nachkommen entschlossen, die von jenen mit Glück angewendeten Grundsätze anzunehmen und auf dem gut gelegten Grunde weiter fortzubauen. So viele Tonsetzer in den letzten Iahren sich mit dramatischer Mnsik befaßten, und es gibt deren eine nicht geringe Anzahl, so viele verschiedene Richtungen sind auch vou thuen eingeschlagen worden. Pedantische Deutsche, Eklektiker, und eiue dritte Classe, die eigentlichen Verräther an der Knust und dem vaterländischen Geiste, die schamlos mit erborgtem Gnte die Menge beschenken. Diese Klagen über die Unselbständigkeit nnserer Opern- mnsik sind keinesweges neu, sie erklingen in unserer Zeit nnr häusiger, weil man jetzt gerade mit der deutscheu Oper am meiste« experimentirt hat. Mozart hatte in seiner Zauberflöte, Dittersdorf iu seinen komischen Opern einen guten Weg gezeigt, der einfache und liebeuswürdige Weigel fügte durch seine Schweizerfamilie viel nenes Gnte hinzn, anch Winter wnßte zn gewissen Zeiten sich wacker zu halten, doch Alle hinterließen nnr einen geringen Eindruck bei den folgenden Künstlern. Und es ist besonders wunderbar, daß die komische Oper, wie sie eigentlich in Deutschland ganz nen durch Dittersdorf begründet wnrde, Niemanden zur Nachfolge angereizt hat. — Nach dieser älteren Schnle trat in Deutschland ein Stillstand ein, bis Carl Maria von Weber mit seiuem glänzenden Talente hervortrat und drei Opern schnf, die wir mit Ehren den ausländischen Erzeugnissen gegenüber aufstellen dürfen. Die Weber'schen Opern überragte noch ein Werk, das fast gleichzeitig zur Geltuug gelangte, Fidelio von Beethoven. Weber's Mnsik unterscheidet sich von der seiner Vorgänger dadurch am meisten, daß er, deu kuustvollen nnd gelehrten Ton vermeidend, das Volksthümliche einzuführen sich bestrebte. Die Italiener und Franzosen stehen uns in dieser Beziehung weit vorau, denn die Komponisten dieser Nationen suchten ihren Stützpunkt uicht blos iu den sogenannten gebildeten Classen, sie suchten auf das Volk zu wirkeu, uud schrieben deshalb Melodien, die, in der Nation selbst