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Weltspiegel.
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Weltspiegel.

24. Mai.

Nach der Heimkehr von Genua. Am 19. Mai hat die Schluß­sitzung der Konferenz von Genua stattgefunden. Sie brachte noch eine Reche von bemerkenswerten Reden der beteiligten Staatsmänner. Auf Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden; es genüge, zu sagen, das; die Geschicklichkeit, mit der sich der Redner für die deutsche Delegation, Dr. Rathenau, seiner Aufgabe in diesem Falle entledigte, allgemeinere Anerkennung, fand, als der Minister sich bisher jernals erfreut hat; sie entlockte sogar Herrn Bartl> ou einige Komplimente. Diese sollten freilich nur die Unterlage bilden sür die wiederholte Betonung des zäh fest­gehaltenen französischen Standpunktes, diesmal noch verbrämt mit einer Erklärung der französischen Friedfertigkeit, die viel vom Klänge einer Drohnng an sich hatte und allen mit der Wahrheit Bertrauten wie"blutige>- Hohn klingen mußte.

Llohd George erging sich in einer großen Rede, die darauf angelegt ivar, ihn am Ziel alles dessen, was er billigerweise wünschen konnte, erscheinen zu lassen. Das wm hauptsächlich von Bedeutung für seine innere Politik. Denn sür ihn kommt nnn nach seiner Rückkehr ein inner- politischer Feldzug in Frage, wobei die Gegner der jetzigen Koalition ihn hart angreifen werden. Erscheint alles, was er erreicht zu haben glaubt und in großen Worten gepriesen hat, der übrigen Welt als Wißerfolg, so wird er einen schweren Stand haben. Aber es lassen sich bis zur Stunde noch keine Anhaltspunkte gewinnen, wie der Kampf ausgehen wird, da die besondere Geschicklichkeit Lloyd Georges auf diesem Gebiet weit mehr zur Geltung kommt, als in der Führung der großen Politik.

Nun stehen wir in den Tagen der großen Epiloge zu Genua, wie sie jetzt in allen Kabinetten, Parlamenten und Blättern der Welt an der Tagesordnung sind. Zugleich tritt nmt dem vorläufigen Abschluß der Konferenz selbst nunmehr die Frage, die dort nicht berührt werden durste, obwohl sie sozusagen nach Erörterung schrie, wieder in den Vordergrund. Jetzl dreht sich wieder alles um die Frage der Reparationen, und damit im engsten Znsammenhange steht die derSanktionen", die in den politischen Plänen Frankreichs eine so große Rolle spielen. Zur Zeit weilt der Reichsfinanzminister Dr. Hermes in Paris, um in vorläusigen man nennt sieoffiziös" Besprechungen eine Verständi­gung über den Staudpuukt der Redaktionskommission herbeizuführen. Die französische Regierung hat eigensinnig der englischen gegenüber jode Verhandlung in diesen Fragen abgelehnt; sie will die Neparations- kommission gcn^ allein prüfen und entscheiden lassen. So entspricht es erstens der französischen Auffassung des Versailler Vertrages und so auch zweitens der bisher gemachten Erfahrung, daß in der Reparations­kommission immer der Wille Frankreichs den Ausschlag gegeben hat, auch wenn die Mehrheit der andern in ihr vertretenen Machte abweichender Meinung wa-r. Noch vor dem 3l. Mai soll die Frage ins Reine gebracht werden, ob die Erklärungen Deutschlands, den zuletzt ergangenen Forde­rungen der Alliierten nicht genügen zu können, begründet sind oder auf üblem Willen beruhen und vielleicht absichtlich herbeigeführten Hinder­nissen zuzuschreiben sind. Weiter aber handelt es sich auch um die Positive