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Die Anschlußbewegung der Deutsch-Oesterreicher.
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entgegengesetzte Richtung binden. Aber es ist doch zu bemerken, daß es sich hier um eine Augenblickspolitik handelt, die nicht der wahren Meinung des Volkes entspricht. Und selbst die Wirtschaftskreise Oesterreichs durchdringen sich immer mehr mit dein Gedanken, ökonomisch den künftigen Anschluß an Deutschland vorzubereiten.

Wir haben festgestellt, daß zwei Tendenzen in Oesterreich aus die Ein­gliederung in Deutschland sich geltend machen: 1. eine mehr ideelle, die die Bekämpfung der Bildung einer Donaumonarchie sich zur Aufgabe macht, 2. eine wirtschaftliche, die den ökonomischen Anschluß vorbereitet.

Welches aber sind nun die Träger dieser Tendenzen? Wir sahen, daß sie nicht in der Regierung zu suchen sind. Sie konzentrieren sich in politischen und privaten Vereinigungen. Von ganz besonderer Bedeutung ist da die großdeutsche Volkspartei. Sie stellt eine Zusammenfassung aller national­politischen Bestrebungen dar. Von Prwatvereinen, die den Anschluß energisch fordern, wäre vor allen Dingen der alldeutsche Verband zu nennen, ferner diedeutsche Arbeitsgemeinschaft" mit dem Sitz in Wien, dieGroße Arbeitsgemeinschaft", welche eine Zusammenfassung sämtlicher nationaler und völkischer Verbände Oesterreichs darstellt, und die von dem deutsch-völkischen Schutz- und Trutzbund ins Leben gerufen wurden. Außer den genannten gibt es noch eine große Reihe von Organisationen, die sich ebenfalls ganz und voll für den Anschluß einsetzen, wie es kaum eine politische Partei und kaum einen völkischen Verein gibt, der nicht die Ein­gliederung in das Reich zum Ziel hätte.

Unter dem Druck dieser nationalen Bewegungen sind schon eine Reihe von Gesetzen zustande gekommen, die den Anschluß vorbereiten, so auf dem Gebiete des Schulwesens und auf dem der Rechtsprechung. Voll auswirken aber wird sie sich erst dann, wenn die wirtschaftliche Not aufhört und die Regierung ihre Politik ändert, der es an großen Zielen fehlt.

Der 'Bundespräsident Dr. Michael Hainisch, ursprünglich sozialistischer Philosoph, scheidet politisch ganz aus. Etwas anderes ist es mit dem Leiter der Regierungspolitik Dr. Schober. Die wirtschaftlichen Sorgen überwiegen aber bei ihm alles, und er stellt die Politik nur auf die Monats- ereignisse ein. Aehnliches ist leider auch von dem Finanzminister Dr. Gürtler, Mitglied der christlich-sozialen Partei und ehemaligen Uni- versitätsprofesfor in Graz, zu sagen. Von dieser Seite ist also augenblicklich nichts zu erwarten.

Aber auch von den Parteiführern sind nur wenige, die wirklich energisch den Anschluß erstreben, so sehr er von den meisten Partei­mitgliedern gewünscht wird. Am rührigsten hat sich bisher der Führer der großdeutschen Vcllkspartei, Präsident Dinghofer, gezeigt.

Aber wenn auch Negierung und Parteiführer die Frage des Anschlusses an Deutschland gar nicht oder nur teilweise betreiben, so darf daraus nicht geschlossen werden, daß die allgemeine Stimmung dagegen ist.

Wir aber wollen von den österreichischen Stammesbrüdern, so weit sie mit klarer Einsicht die Eingliederung in das Reich erstreben, erhoffen, daß sie die Angelegenheit nicht ruhen lassen, daß sie eine energische Pro­paganda treiben, daß sie immer wieder der Regierung ihren ernsten Willen zum Anschluß zu erkennen geben, daß sie nicht müde werden, ihre Stimmen in der Presse, auch in der reichsdentschen, zu erheben. Sie wissen, daß sie herzlich bei uns willkommen sind ohne jeden Hintergedanken, aber die Tat