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bare Haltung der Bereinigten Staaten von Amerika, die, obwohl stark beteiligt, sich doch nicht haben entschließen können, an der Wiederherstellung der Welt mitzuarbeiten, weil eine eigenartige Auffassung zu der Lehre geführt hat, Europa müsse sich zunächst selbst helfen.
Vorläufig hat man in Genua die russische Frage in den Vordergrund geschoben, und es konnte vor kurzem beinahe scheinen, als wolle man nur über Rußland verhandeln. Indessen darf man auf die Form, die mau in letzter Stunde dem Programm gegeben hat, nicht allzu viel Gewicht legen. Es wird sich manches Wohl doch noch etwas anders gestalten. Wenn ewnmal die Teilnehmer der K"onferenz als Gleichberechtigte zu reden begonnen haben, so wird die ungeheuere Kompliziertheit der politischen Verhältnisse, die der Versailler Vertrag geschaffen" hat, auch ihre Wirkung geltend machen. Man darf daher nicht voreilig über die Dinge urteilen, sondern muß ihnen mit dem Bewußtsein ihrer ungewöhnlichen Bedeutung
Joseph Caillaux, Meine Gefangenschaft, vor der Weltgeschichte dargelegt. Leipzig und Basel, Rheinverlag 1921.
Robert Lansing, Die Verscnller Friede>usverhandllungen. Berlin, Reimar Hobbing 1921.
Freiherr v. Schoen, Erlebtes. Beiträge zur politischen Geschichte der neuesten Zeit. Stuttgart und Berlin, Deutsche Verlagsanstalt 1921.
Hetta Gräsin Treuberg, geb. v. Kaufmann-Asser. Zwischen Politik und Diplomatie. Herausgegeben von Prof. Dr. M. I. Bopp. Straßburg, Iinprimerie LtrasdourAsoiLE 1921.
Der frühere Ministerpräsident und Finanzminister 'Joseph Caillaux bringt seine bitterböse Anklage gegen Clemencean und die konservativ-klerikal- inonarchischen Nationalisten vor. Er hat Recht zur Erbitterung, denn 25 Monate, wovon er den größten Teil in den Zellen der zum Tode Verurteilten gesessen hat, gegenüber der Dunkelkammer für bestrafte Häftlinge, deren an Wahnsinn streifendes Gebrüll er zu hören hatte, mußte e>r in Untersuchungshaft wegen der Anklage auf hochverräterische Umtriebe mit Deutschland zubringen, ehe er seine Freisprechung durchsetzte. Man wollte den politisch einflußreichen Mann, der als glühender Republikaner die Machenschaften der zum Kriege und zur Fortsetzung des Krieges drängenden Nationalisten kannte und aufzudecken geneigt war, den Finanzreformer, der eine erhöhte Besteuerung der vermögenden Klassen geplant hatte, wodurch er jcch den Zorn der Großbourgeoisie zugezogen hatte, so lange als möglich unschädlich machen. Caillaux hatte eine Umgestaltung der parlamentarischen Negievungsform ins Auge gefaßt; er wollte das Referendum einführen, „mit anderen Worten, der direkten Gesetzgebung ihr Recht geben", und durch Erweiterung des Staatsrates durch Vertreter des Handels, der Industrie und der Arbeitergruppen einen technischen oder Wirt- schastsstaat neben dem politischen Staate organisieren. Eine Studie hierüber und einen Aufsatz über „die Verantwortlichen" sand man in dem Florentiner Geheimschrank, allerdings nicht die vorgeblich von Deutschland gespendeten
W. v. Mcissow.
Bücherschau.
Denkwürdigkeiten.