Professor Dr. H, G Holle-Bremen
Geldentwertung!
von Professor Dr. y. G. Holle - Breinett
Äie Entwertung unseres Geldes ist der unmittelbare Ausdruck der Not unserer Zeit. Maßregeln dagegen bilden den Inhalt der Erwägungen aller Parteien in jeder Tagung der Volksvertreter. Sie wissen ebensowenig Rat wie die Männer der Negierung. Das macht, weil sie an den Symptomen herumdoktern, statt die wahren Ursachen der Krankheit ins Auge zn fassen. Ob wir die Noc „Teuerung" nennen oder „Geldentwertung", ändert nichts an der Sache selbst. Wir deuten mit der verschiedenen Bezeichnung höchstens an, ob wir die Ursachen auf der Warenseite suchen oder auf der Geldseite. Auf der Warenseite wird die Knappheit der Waren als Ursache der Teueruug leicht erkannt und hervorgehoben; auf der Geldseile redet man nur von „Geldentwertnng", statt folgerichtig auf dieBer- mehrung des Geldes hinzuweisen. Das verbietet der Kapitalismus, der den Geld Wahn in uns großgezogen hat, den Wahn, daß Geld an sich ein Wert sei, statt das Maß eines solchen, daß man also das Geld bloß zn vermehren brauche, um alle Bedürfnisse des Staates wie der Einzelnen befriedigen zu können. Als Heilmittel wird angeschen, was Ursache unserer Not ist.
Also die „Noteupresse" ist schuld? — Warum hat man denn nicht längst ihre Tätigkeit eingestellt, wenn die Sache so einfach ist? — Es geschieht nicht, weil es nicht geschehen kann, weil die Notenpresse weiter arbeiten muß, weil die Ansprüche an Wert, die der Staat anerkannt hat, auch irgendwie bescheinigt werden müssen. Nicht auf die Vermehrung dieser Bescheinigungen kommt es an, sondern auf die Vermehrung der Ansprüche an Wert, denen Sachwerte in entsprechender Menge nicht gegenüberstehen.
Damit ist der Grundirrtum oder die absichtliche Täuschung aufgedeckt, die falsche Auffassung des Begriffes „Geld", das längst aufgehört hat, ein Wert zu sein, seitdem man dazn übergegangen ist, Warenumsätze dnrch Buchungen zu vermitteln, statt durch Barzahlung/ Nur dnrch die „Gold-Deckung" wurde der Geldwahn noch künstlich aufrecht erhalten, bis der Weltkrieg erkennen ließ, daß das Gold auf die Warenseite gehört.
Die Logik der Massen aber bleibt dabei: Um an der vorhandenen Ware mehr Anteil zn bekommen, muß man mehr Geld haben. Das ist' für den Einzelnen richtig, wird aber zum Unsinn, wenn es auf die Gesamtheit augewandt wird. Diesen Unsinn machen wir. Nicht heute erst, sondern seitdem der Staat den Kapitalismus, den ewigen Zins des im Gegensatz zu allen Sachwerten als unzerstörbar erklärten .Kapitals, anerkannt nnd sich zum Büttel seiuer Forderungen hergegeben hat.
In früheren Zeiten hatte man kein Arg daraus, weil die Vermehrung des Geldes im Laufe eiues Meuscheualters dem Einzelnen keine Verteuerung der Ware brachte, die er nicht durch etwas stärkere Anspannung seines Fleißes hätte ausgleichen kouueu. Vorübergehende Teuerungen hatten ihre Ursache auf der Warenseite. Selbst die kapitalistische Ausbeutung, durch die mit der Einführung der Maschine mehr und mehr an die Stelle des Handwerks tretende Industrie, wurde ausgeglichen durch die vermehrte Hervorbringung, die eben die Maschine ermöglichte.
Von der kapitalistischen Ausbeutung durch das Industriekapital hatte sich -S Arbeiterschaft schon vor dem Kriege soweit frei gemacht, daß ihre wirtschaftliche Lage in Deutschland besser war als in jedem anderen Lande. Aber, irre-
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