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Die beiden Freunde
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Die beiden Freund?

Beide Jünglinge bildeten einen intercs> anten Gegensatz in ihrem Äußern. Die Mienen des ersteren gaben, wie ein Spiegel, treu und augenblicklich alle Eindrücke zurück, welche sie von außen empfingen, während die Züge des letzteren nur durch das bewegt wurden, was in ihm selbst vor­ging. Jener glich dein Spiegel eines Sees, welcher das Bild seiner Umgebung ist, ' aber von jedem Lüftchen gekräuselt, von jedem Sturm erregt wird; dieser war wie ein tiefer Strom, der mit glatter Oberfläche unauf­haltsam hinzieht nnd nur da, wo Felsen auf seinem Grunde sich ihm entgegen­setzen, sie schäumend überwältigt.

Aber die Verschiedenheit der Charaktere, welche sich schon beim ersten An­blick der Personen ansspricht, hindert keineswegs eine innige Frenndschaft, man möchte sagen, sie begründet sie vielmehr. Ernste, verschlossene Gemüter geben sich der rücksichtslos fröhlichen Offenheit anderer gern hin, uud diese ahnen wiederum nichts Böses in dem Schweigen jener. Je weniger sie geneigt sind, sich anzuschließen, je fester halten sie die Verbindungen, welche sie einmal als geprüft anerkennen. Einer ersetzt, was dem anderen fehlt, nnd gibt da nach, wo er die Überlegenheit dieses fühlt, ja, gemeiniglich überschätzt. Als die beiden Freunde (denn das waren sie) eine hervorspringende Höhe erreicht, von wo man den Strom weit aufwärts überblickte, hielten sie inne.

Siehe dort, Ernst", hnb der mnnterc Gefährte mit großer Lebhaftigkeit an, dort hinter jenem Berge, wo das Kreuz auf der kleinen Kapelle blitzt, da liegt «chlvß Eichcnbach. Ich erkannte den Punkt schon vom Gebirge aus und er­wartete gewiß nicht, daß wir noch heute hier stehen nnd ihn ansehen würden, und den unerreichbaren Mond, bloß weil das bißchcu Wasser dazwischen liegt."

Und weil das bißchen Wasser", fügte der andere hinzu,vom Serbelloui- scheu Korps besetzt ist."

Beim Himmel!" rief der erstere,hätte Prinz Heinrich das Mädchen ge­sehen, welches in jenem Schlosse wohnt, der Flnß wäre schon überschritten nnd das Scrbellonische Korps geschlagen."

Du vergißt, Gustav", sagte seiu Freund,daß der Prinz noch einige andere Rücksichten zu uehmeu hat, nnd daß ein hübsches Mädchen wohl Ope­rationsobjekt für einen Mann, nicht füglich für ein Heer sein kann."

Höre, Ernst", fing nach einem kurzen Stillschweigen der lebhafte Gefährte an,du weißt, daß ich vorläufig zu der hohen Ehre eines Kommandanten jenes verwünschten Städtchens verdammt bin, um es gegen etwaige Patrouillen zu sichern. Obgleich ich nun glaube, daß die Patrouillen Besseres zn tun haben werden, als ein Nest wegzunehmen, in welchem der heilige Ncpomuk auf dem Markt unstreitig das hübscheste Gesicht ist, und wo man kaum einen Trunk sauren Landweins bekommt, einen Platz, der ohnehin mit Mauern versehen ist, als ob er das Serail des Großherrn oder die Schätze eines französischen Lagers ent­hielte; dennoch darf ich meinen Posten jetzt nicht verlassen. Ernst! laß mich ernsthaft mit dir sprechen. Nein, lache nicht; auch ich kann ebenso verwünscht feierlich sein wie du, wenn es nämlich der Mühe wert ist. Aus eben dem Grnnde, weshalb ich jetzt nicht fort kann, aus eben dein Grunde kann ich dir Urlaub er­teilen. Eichenbach liegt seitwärts der österreichische» Linie und ist noch unbesetzt. Auf, Ernst, nach dem Schloß, iu zwei Stunden bist du da und hältst für mich um Jdas Hand an!"

Um Gnstav, bist du toll geworden? um die Hand der Gräfin Jda, der jungen Grüfiu Eichenbach?"

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