Heinr. Göhring
Unternehmerorganisation in Europa und Amerika
Von Heinr. Göhring I.
^icht zuletzt als eine Errungenschaft der Revolution kann man den intensiveren Zusammenschluß des Uuternehmertums betrachten. Das beispielslose Emporschnellen der gewerkschaftlichen Organisationen der Arbeiter zu machtvollen Vereinigungen bedingte auf der anderen Seite Gegenmaßnahmen und so sehen wir allerorten — fast über Nacht — Arbeitgeberverbände entstehen. Besonders gilt dies für die Landwirtschaft und den Handel. In der Vorkriegszeit machte das Streikverbot der Landarbeiter eine Vereinigung der landwirtschaftlichen Unternehmer zu Arbeitgeberverbänden illusorisch. Die Revolution änderte dies Bild vollkommen. Die Regierung von Hinz und Kunz warf bekanntlich alle weisen Maßnahmen einer Gesetzgebung früherer Perioden einfach über den Haufen und heute gehören die Landärbeiter zu den streiklustigsten Arbeitern Deutschlands. Für den Handel trat die zwingende Notwendigkeit zur Errichtung von Arbeitgeberverbänden in die allgemeine Erkenntnis und Erscheinung, als die Angestellten dazu übergingen, ihre bisherigen Vereinigungen zu Gewerkschaften auszubauen und die gewerkschaftlichen Kampfmittel — insbesondere Streik, passive Resistenz und andere schöne Sachen — in ihre Kampfmethoden aufzunehmen. Während in weiten Kreisen der Arbeiter der Revolutionstaumel einer gewissen Ernüchterung Platz machte — das mit so vielen schönen Phrasen versprochene goldene Zeitalter erwies sich nur als ein Nebelgebilde —, rutschten die Angestelltenverbände immer weiter nach links in das Lager des schärfsten Radikalismus. Einen bedeutsamen Fortschritt in der Verwirklichung des Organisationsgedankens in der deutschen Unternehmerschaft stellt der Mitte W20 erfolgte Zusammenschluß aller Unternehmerverbände in Landwirtschaft und Industrie zu einem Zentralausschuß dar. Dieser Zentralausschuß, der die geschlossene Wahrnehmung der gemeinsamen wirtschaftspolitischen Interessen der deutschen Unternehmerschaft und die einheitliche Abwehr aller gegen sie gerichteten Bestrebungen bezweckt, umfaßte bei seiner Gründung folgende Organisationen: Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft, Reichsverband der deutschen land- und forstwirtschaftlichen Unternehmervereinigung, Reichsverband der deutschen Industrie. Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände. Neichsverband des deutschen Handwerks, Zentralverband des deutschen Großhandels, Hauptgemeinschaft des deutschen Eisenhandels, Zentralverband des deutschen Bank- und Bankiergewerbes, Reichsverband der Bankleitungen, Arbeitgeberverband deutscher Versicherungsunternehmungen, Zentralstelle des deutschen Transport- und Verkehrsgewerbes u. a. m.
Zusammenfassungen der ganzen Industrie in einem nationalen Verbände — ähnlich der Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände — bestehen in Deutsch- Österreich, Finnland, Italien. Älteren Datums ist die Zentralisation der Unternehmerschaft in den skandinavischen Ländern. Nach einem vorliegenden Bericht des „Komiteen tie LeiysnmA ok Lwtsmonnpoler" zählt der Dänische Arbeit- geberoerein zurzeit reichlich 18000 Mitglieder, die etwa 200000 Arbeiter beschäftigen. Demgegenüber sind in den dänischen Gewerkschaften rund 300000 Mitglieder organisiert. Immer weiterer Ausbau des Organisationsgedantens steht auch in Dänemark an der Tagesordnung. So hat sich beispielsweise kürzlich das gesamte dänische Bekleidungsgewerbe zu einem Arbeitg!'oerverbano. ZeKIsclmnAs inciustriens Lammenslutninz;, zusammengeschlossen; der Verband umfaßt die Herrenkonfektion, Schneideroraamfationen. Leinen- und Wäschefabriken samt Einzelbetriebe. Eine recht straffe Organisation besitzen die Unternehmerverbände Schwedens im Schwedisch-.« Arveitgederverein. An der Festigkeit dieser Vereinigung sind schon oftmals die Machtproben der schwedischen Arbeitervervnnde gescheitert. Neueren Datums
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