Bismarck? Vermächtnis
273
Viel schwieriger gestaltete sich im zweiten Jahrzehnt nach der Reichsanindung die Aufgäbe, die nunmehr verbündeten Mächte der Mitte vor einer Mianz der revanchedurstigen Gallier im Westen mit den eroberungssüchtigen Sl wen im Osten zu beivahren. Der Lguolismar clss Loalitions ivurde bis zum Eude der Amtszeit des Fürsten BtSmarck immer drückender, Zmmchst gelang es noch einmal mit Hilfe der guten dy lastischen Beziehungen zwischen Berlin und Petersourg Nußland zur Mitte herüberzuwehen. Im Frühjahr 1880 erhielt der Botschafter Sabnroff vam Zaren Alexander dem Zweiten, der mit seinem Drohbrief nach eigenem Geständnis eine Dummheit begangen hatte, den Anftrag, in Besprechungen mit dem deutschen Reichskanzler über Fragen des nah n Orients einzutreten. Fürst Bismarck verlangte den Beitritt Qste>reich-Ungarns und brachte nach langem Widerstreben des Wiener Kabinetts jenes geheime dreiseitige Neuiraliiätsabkomm n, zunächst auf drei Jahre, zustande, das er selbst fünfzehn Jahre später, nachdem es längst abgelaufen war, vor der Mitwelt enthüllte, und das heute noch im Meinungsstreit von Politikern und Gelehrten fortlebt Dieser sogenannte Rück- versicberungSvertrag wurde 1884 auf wettere drei Jahre erneuert, 1887 aber nur von Rußland und Deutschland fortgesetzt, bis er sau zu gleicher Zeit mit dem Rücktritt BismarckS von seinen Amiern erlosch. Mit dem Ausscheiden des Dritten im Bnnde war der Draht nach Rußland dünner u d brüchiger geworden.
Wirksamer als dieses Mittel zum Schutze gegen einen Kueg mit zwei Fronten erwies sich die Aufnahme Italiens in das mitteleuropäische Bündnis. Der Flankenschutz, den die mtt Frankreich nach der Besetzung Ägyptens überwoifene Weltmacht England wegen ihrer Mtttelmeerinteressen dnn Dreibünde gewähr e, erleichterte es Bismarck. für die überschüssige Kraft des Reiches vorsichtig und behutsam koloniale Erwerbungen in der Südsee und in Afiika zr, machen, Aber immer noch saß ihm das rusnsche Hemd näher als der englische Rock, Als für Rußland nach seinem Vorstoß gegen Merw ein ernster Konflikt drohte leistete er ihm den Dienst durch Druck aus die Pfmte, daß die Dardanellen gegen Kriegsschiffe verschlossen blieben.°)
Erst in den letzten Jahren der Amtszeit des Fürsten Bismarck, als das Drängen der Franzosen zu einem Bündnis mit Ruszlqnd immer offener zn Tage trat und die Saat des Hasses und der Verachmng in den russischen Oberschichten üppiger aufging, mehren sich die Anzeichen für eine Hinneigung zu engerer Freundschaft mit England. Es war die Zeit des Boiilcmgis aus in Frankreich, des Beginns der riesigen französischen Geloopser für Rußland, der ersten russischen Wasfenbestellungeu in Frankreich. Man verabiche die beiden Reden des Für >en zur Begründung der Norl'ge vom Herbst 1886 wegen Erhöhung der Friedenspräsenz des Heeres, Die erste, m der Reichsiagskomnussion am 11, Januar 1887 gehalten, lehnt noch die Annahme ob, daß Rußland nach Bündnissen suchte und wir einer Koalition Von Frankreich und Rußland gegenübe> zutreten haben würden, nennt die Freundschaft mit Rußland nvch heute über jeden Zweifel erhaben und sieht die größte Gefahr darin, daß der seit drei Jahrhundeiten zwischen Deutschland und Frankreich schwebende Prozeß noch nicht beendigt sei rmd daß unter dem Dr, ck energischer Minoritäten, die in schweren Momenten immer die Ent-
gestellt, ein Osfeusivbnndnis mit Rußland abzuschließen und sogleich zu verwirklichen, weil Deutschland das öiieireichisch-nngariiche Vorgehen in Bosnien zugegeben habe, Waddington ldom.rls französischer Minister des Äußeren) hat oieien Anirag an Bismarck nach Gastein geschickt. Deshalb umerbrach Bismarck seine Kur und reiste noch Wien, Der Mann, der das BiSmarck mitgeteilt hat, ist von Änmbetta gekürzt worden," Diele Erzählung wurde von Waddington in allen Punkleu dementiert. Der Fnedrichsruher Hausarzt Dr, Cohen vermerkte jedoch in seinem Tiigevuwe unter dem 13, September 1M>> folgende Äußerung des Fürsten Bismarck: „VorubülerS Enthüllungen seien durchaus wahr — Als BiSmarck von den Schritten Rußlands in Paris sichere Kenntnis hatte, ging er sofort nach Wien und schloß ab, — Man muß nur nicht glaube», daß solche Eröffnungen direlt an das AuSwänige Amt gingen. So etwas würde im Salon, am Kamin durch nichlossizielle Leute besorgt, die zuerst nur sondieren," (Erinnerungen an Bismarck, S, 312.) «) L. Raschdau, a. cr. O.