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Ernst von Lasaulx :
(Schluß)
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Ernst von Lasanlx

Regierung, die von diesem Rechte keinen Gebrauch machte, hätte damit ihre Un­fähigkeit bewiesen und verdiente, zum Teufel gejagt zu werden. Jede Regierung, sie mag monarchisch oder republikanisch sein, ist verpflichtet, das Heft nicht aus der Hand zu geben, das Schwert in der Hand zu behalten und Gebrauch davon zu machen, wann und wo es uotweudig ist, und wenn man das sogenannte kon­stitutionelle Prinzip so versteht, daß man mit einer nur dem Deutschen eigentüm­lichen Pedanterie am Buchstaben der Papieruen Verfassungsparagraphen festhält und allen Ernstes wähnt, es dürfe nichts im Staate existieren, was nicht in der Verfassungsurkunde vorgesehen und erlaubt sei, so wird der Erfolg einfach der fein, das; dem gesunden Sinne des Volkes dieses System zum Ekel wird, uud daß es sich sehnt nach einem kräftigen Tyrannen, der das Schwert zu führen weiß und den ganzen pcipiernen Plunder über den Haufen wirft.

Liberal, echt liberal bleibt er trotzdem. Er will unbeschränkte Rede- und Preßfreiheit, auch dem König gegenüber, und Freiheit der Wissenschaft: Lehr- wie Lernfreiheit. Dagegen stimmt er für Versetzbcirkeit der Richter und für ein Disziplinargesetz in Beziehung auf den Nichterstand. Er gibt zu, daß das manches Martyrium zur Folge habeu könne, aber das schade gar nichts, im Gegenteil: der Märtyrer bedürfe jede gute Sache, jede lebenskräftige Institu­tion. Von Amnestie für die Volksverführer von 1849 will er nichts wissen; Tollhäusler wie Struve und Fröbel" seien nicht Märtyrer, sondernfeige, wüste, Pflicht- und ehrvergessene Banditen"; sie Republikaner nennen, erscheint ihm als Entweihung des Namens Republikaner.

Zur Vervollständigung der aristotelischen Lehre von den drei Staatsformen: Aristokratie, Demokratie, Monarchie, hat die nachmärzliche Zeit in der größten Stadt Deutschlands, in Wien, eine neue hinzugefügt: den Versuch einer Lausbubokratie. ... Ich habe meiue politischen Studien im Altertum gemacht, bei Republikanern, und habe darum eine Vorliebe für wahre republikanische Freiheit, die, wenn sie all­gemein verbreitet wäre, den heutigen Monarchien keine Gefahr bringen würde. Die Republik ist eine so achtbare Staatsverfassung wie irgendeine andre; die republikanischen Tugenden: Wahrhaftigkeit, strenge Rechtlichkeit, echte Sittlichkeit, tiefe uugcheuchelte Frömmigkeit gehören zu den schönsten Tugenden, die die Ge­schichte kennt, und machen den männlichen Charakter aus. Aber die unermeßliche Mehrheit des deutschen Volks will die republikanische Verfassung nicht, und mit Recht. Denn alle Verständigen wissen, daß diese Staatsform zwar eine vortreff­liche Dorf- und Stadtverfassuug, aber für große Staaten nicht geeignet ist, weil sie in diesen nicht ihrer wahren Natur nach durchgeführt werden kann. . . . Die Geschichte der letzten Jahre hat zur Genüge bewiesen, daß der einzige Anker der öffentlichen Sicherheit in der pflichtgetreuen Standhaftigkeit der Armeen lag; ohne sie waren wir einer Barbarei anheimgefallen, so scheußlich wie je eine dagewesen ist; einer Barbarei der Knaben- und Pöbelherrschaft, für die der Name Demokratie viel zu ehrenvoll ist.

Im Jahre 1852 bereiste Lasaulx Griechenland noch einmal, im folgenden Jahre Italien. An Griechenland bemerkt er diesesmal, daß der Natur wie den Menschen alle Frische fehle, und daß man statt ihrer nur Staub und Flöhe finde. Aus Italien schreibt er:Das ist mir völlig klar geworden, daß dieses ganze italienische Städteleben keiner weitern Entwicklung mehr fähig ist, sondern, nachdem es die höchste erreicht und überschritten hat, politisch notwendig untergehn muß. Italien ist mehr als irgendein andres Land Europas das Land der Städte, und diese sind Städte von Palästen, deren