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Lrnst von Lasaulx
zeigen, daß Dus glauben sollst. Die Leute sagen, es seien schon zehn Tage, daß ich hier bin, mir ist es wie ein Augenblick, aber ein ewiger. Was ist die Zeit? Nun in Gottes Namen, so lange sie nicht für immer bei nur ist, will ich daran glauben; dann aber spreche mir keiner mehr davon; wir werden in gegenwärtiger Ewigkeit leben." Am 31. August 1835 hat er sie heimgeführt und ist bis an sein Lebensende glücklich mit ihr gewesen. In späterer Zeit bemerkt er einmal in einem Brief an sie: „Wer einer Liebe fähig und bedürftig ist, soll in der Jugend heiraten oder gar nicht; denn nur in einer gemeinsam durchlebten Jugend können zwei Herzen in Freud und Leid so zusammenwachsen, daß eheliches Glück möglich ist; wie das in spütern Jahren oder zum zweitenmal« geschehen könne, begreife ich nicht." Von den sechs Sprößlingen der Ehe sind fünf im Kindesalter gestorben; nur eine kränkliche Tochter, Anna, hat ihn überlebt.
Seine Dissertation Ds mortis äc>miQs.tn. in vstorss verschaffte ihm den Doktorgrad von der Universität Kiel. Wegen einer Anstellung hatte er auf der Reise mit preußischen und mit bayrischen Staatsmännern unterhandelt. Im Mai 1835 wurde er als Verweser, dann als Extraordinarius der klassischen Philologie in Würzburg angestellt. Stölzls meint, übermäßig viel philologische Gelehrsamkeit habe er ja in sein Amt nicht mitgebracht, dafür aber eine reiche Lebenserfahrung, die unmittelbare Anschauung der Stätten alter Kultur, eine hohe und weitherzige philosophische Auffassung des Altertums. Er bekam 725 Gulden (der süddeutsche Guldeu war ungefähr 1,70 Mark wert) Gehalt und an Naturalien zwei Scheffel Weizen und fünf Scheffel Roggen. An Tax- und Stempelgebühren hatte er 89 Gulden 46^ Kreuzer zu zahlen. Zwei Jahre darauf wurde er zum ordentlichen Professor ernannt und sein Gehalt um 200 Gulden erhöht, wofür wieder 33 Gulden 1 Kreuzer Gebühren zu entrichten waren. Die Frequenz der Universität betrug durchschnittlich 450. Von Döllinger über die Zustände in der theologischen Fakultät befragt, antwortete er: „Ich kann an sie nicht denken ohne ein bittres Gefühl; es ist ihr von hier aus nicht zu helfen, denn man will nur Schüler, und jede Berufung eines bedeutenden Mannes würde, wenn auch alle Bedenken wegen Orthodoxie und kirchlicher Gesinnung beseitigt wären, schon daran scheitern, daß man vielleicht in Erfahrung brächte, der zu Berufende sei gewöhnt, in einem andern Nocke den Katheder zu besteigen als im Talar." Um Hebung seiner eignen Fakultät bemühte er sich auf das eifrigste. Er drang u. a. darauf, daß alle Hauptfächer doppelt besetzt würden, und stellte den Antrag auf Wiederherstellung des Lehrstuhls für Sanskrit mit ausführlicher Begründung. Als die Göttinger Sieben dem Verfassungsbruch zum Opfer gefallen waren, schrieb er an Görres: „Sollte es denn gar nicht möglich sein, unserm Könige den Gedanken nahe zu bringen, daß Deutschland berechtigt sei, von ihm zu erwarten, daß er die beiden Brüder Grimm nach Bayern rufe und
dem ehr- und pflichtvergessenen........in Hannover nicht die Macht lasse,
die besten Männer deutscher Sinnesart und Wissenschaft brotlos zu macheu? Es stünde Ihnen wohl an, dafür etwas zu tun und der Welt zu zeigen, daß Sie unbeschadet Ihres Katholizismus noch Ihr altes deutsches Mannesherz