286 Die politisch»! Testamente Friedrichs des Großen
stände, die Monarchie abzurunden und ihr damit die fehlende innere Geschlossenheit zu geben.
Schon frühzeitig hatte sich Friedrich mit diesem Problem und den Möglichkeiten seiner Lösung beschäftigt. Ein Zeugnis dafür bietet eiu Schreiben aus den Küstriner Tagen, das der damals Neunzehnjährige an den Kammerjunker von Natzmer gerichtet hat. Schon darin gibt er als Heilmittel „die fortschreitende Vergrößerung des preußischen Staates" an. Mit kecken Strichen zeichnet er, nach seinem Vergleiche wie Alexander von Eroberung zu Eroberung schreitend, das künftige Bild der Monarchie. Die Lande, deren Einverleibung er in Aussicht nimmt, sind Polnisch-Preuszen, Schwedisch-Pommern, Mecklenburg und Jülich- Berg. Schon damals erklärte er, „daß Preußen sich bei seiner eigenartigen geographischen Lage in der politischen Notwendigkeit befände, die genannten Provinzen zu erwerben".
Als der König an die Niederschrift des Politischen Testamentes von 1752 ging, hatte er seinerseits bereits Schlesien und Ostfriesland der Monarchie hinzugefügt. 'Wir werden sehen, daß diese Erfolge ihm noch keineswegs als ausreichend erscheinen.
Die Erörterungen, die er im Testament über die auswärtige Politik anstellt, zerfallen in zwei scharf getrennte Teile. In dem ersten behandelt er die reale Gegenwart: er gibt einen Überblick über die Lage Preußens und der europäischen Staatenwelt, bespricht das politische System Europas und im besonderen der preußischen Monarchie und stellt allgemeine politische Grundsätze und Richtlinien auf. In dem zweiten Teile betritt er dann nach seinem Ausdruck das Reich der „politischen Träume". „In dem unendlichen Gefilde chimärischer Träume lustwandelnd", entwirft er Zukunftsbilder von Europa, vor allem aber ein „Idealbild" des preußischen Staates, das seinen Wünschen und Forderungen entspricht.
Die in den Jngendjcchren schnell hingeworfene Skizze wird hier zuin sorgfältig ausgeführten Gemälde. Systematisch scheidet er bei der für Preußen in Aussicht genommenen Vergrößerung zwischen legaler Erbschaft und den nach seinem Ausdruck „Mi- äroit. 60 bivnsöariov" zu «lachenden Erwerbungen. Unter den Erbschaften erscheint auch hier wieder Mecklenburg. Zum ersten Male nennt er jetzt die fränkischen Markgrafschaften Ansbach lind Baireuth Sekundogenitursn, die nach dem Anssterben der dort regierenden Nebenlinien an die Krone Preuße« zurückfallen werden. Hingegen sind die Ansprüche auf Jülich und Berg verschwunden, da der König anläßlich der Erwerbung Schlesiens auf sie zugunsten der Pfcilzer verzichtet hat.
Ebenso begegnen wir bei den von ihm geplanten Eroberungen wieder den Landen Polnifch-Preußeu und Schwedisch-Pommern. Doch hat sich die Liste um Kursachsen erweitert. In gleicher Weise waren es politische und militärische Erwägungen, die Friedrich bestimmten. Nachdem er während des Ersten Schlesisthen Krieges Seite an Seite mit den Sachsen gefochten hatte, waren sie darauf zur' Gegenpartei übergegangen und, als der Feldzng in Böhmen 1744 unglücklich ablief, ihm in den Rücken gefallen. Im folgenden Jahre hatten sie im Bunde mit den Österreichern gegen ihn bei Hohenfriedberg gekämpft und im Spätherbst einen Überfall der preußischen Winterquartiere und der Mark Brandenburg geplant, dem Friedrich freilich überraschend zuvorkam. Die Kriegserfahrung hatte ihn also