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Der Polen Volkszahl und Sprachgebiet im russischen Anteil
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Der Polen Volkszahl und Sprachgebiet im russischen Anteil

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russischen Volkszählungen für das Westgebiet als mangelhaft und zuungunsten der polnischen Nation zurechtgemacht. Trotzdem legen auch sie diese kaute <te mieux, von der einzigen russischen Volkszählung nach der Sprache, der von 1897, ausgehend, ihren Untersuchungen zugrunde. Sie errechnen sämtlich einen höheren Bestand ihrer Volksgenossen, den höchsten Maliszewski, und zwar mit einer Begründung, die Widerspruch herausfordert. Danach betrug die Zahl der Polen 1910 in den sechs litauischen und weißrussischen Gouvernements nicht 682000, sondern 1476000, weildie Litauer und die römisch-katho­lischen Weißrussen zu Polen gravitieren", und in den drei kleinrussischen nicht 411000, sondern 817000, weilzukünftig lein Katholik in diesen Gebieten eine andere Sprache als die polnische werde sprechen dürfen". Die polnischen Intellektuellen halten eben als Ideologen an der Zwangsvorstellung fest, daß nicht nur jeder Nationalpole ein römischer Katholik, sondern auch jeder römische Katholik im Bereich des ehemaligen Polen ein Nationalpole sein müsse. Tatsachen belehren und bekehren sie nicht, z. B. die, daß sich im Zar- tum 30000 Katholiken noch immer als Deutsche bekennen, und die, daß sich in den kleinrussischen Gouvernements römisch-katholische Großgrundbesitzer neuerdings zu ihrem Volke Zurückfinden und sich als Führer der Ukrainer im Nationalitätenkampfe betätigen. Und gesetzt den Fall, daß jene Höchstzahl, um die 157000 Masuren SnwaMs vermehrt, also rund 2 450000, der Wirklich­keit entspräche, der polnische Prozentsatz stiege, dadurch doch nur von fünf auf zehn Prozent, bliebe also so mäßig, daß sich irgend welche Ansprüche damit zahlenmäßig nicht begründen lassen.

In polnischen Köpfen nistet unausrottbar übrigens noch manch anderer Wahn. So z. B., daß ihnen ein Rechtsanspruch auf die Wiederherstellung Polens in den weitesten Grenzen zustehe; daß ihnen durch Gottes Fügung be­stimmt sei, die Herren, den anderen die Knechte zu sein; daß ihnen eine Kultur­mission an den kulturlosen Litauern, Weiß- und Kleinrussen anvertraut sei, die sie in der Vergangenheit erfüllt hätten und auch in Zukunft zu erfüllen gewillt und imstande wären; daß sie unterminderwertigen" Völkern das Volk von Bildung und Besitz gewesen seien, fein und bleiben müßten. Sie fehen nicht, daß sich der Erdball inzwischen gedrehthat; daß jeneminderwertigen" Völker, nach oben gekommen und zu eigenem geistigen und nationalen Leben erwacht, sich gegen polnische Bevormundung in der Manier von ehemals energisch wehren und entrüstet verwahren; daß sie, selbstdas gutartige aber verwahrloste Völkchen der Weißrussen" (7 Millionen), den Anschluß nicht an die polnische, sondern alt die deutsche Kultur suchen; daß sie wirtschaftlich zu gedeihen be­ginnen und einen eigenen Mittelstand, Lehrstand und führende Männer aus sich herausschaffen; daß, was ehedem aus der Unterschicht emporsteigend, unfehlbar in die polnischen Reihen übertrat, heute in Stadt und Land zum eigenen Volke zurückkehrt; daß deshalb die kleine polnische Schar in der Fremde nach dem Kriege schnell zusammenschmelzen und dort eine ganz dünne Ober-