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Aus Litauens Vergangenheit zu Litauens Zukunft
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Aus Litauens Vergangenheit zu Litauens Zukunft

Olgerd hatte mehrere Söhne hinterlassen, unter denen er den ältesten, Jagiello, zum obersten Herzog von Litauen bestimmte. Obgleich Kestuit diese Bestimmung anerkannte, strebte Jagiello nach mehr. Indem er in verräterische Beziehungen zu dem deutschen Orden trat, gelang es ihm mit dessen Hilfe, sich der alten litauischen Landeshauptstadt Wilna zu bemächtigen. Durch Verrat kamen auch sein greiser Oheim Kestuit und dessen Sohn Witold, sein Jugend­freund, in seine Gewalt. Kestuit wurde im Gefängnisse erdrosselt, während Witold entkam.

Aber bald wandte sich Jagiello gegen das Ordensland, das er schrecklich verwüstete. Doch sah er trotz der Einnahme von Marienwerder ein, daß es ihm nicht gelingen werde, mit diesem Feinde fertig zu werden. Er trat daher in Beziehungen zu Polen. Hier war nach dem 1382 erfolgten Tode König Ludwigs von Ungarn und Polen aus dem Hause Anjou seine Tochter Hedwig von den Großen zur Königin erwählt worden und erschien, obwohl sie be­reits mit Wilhelm von Österreich verlobt war, als die geeignete Gemahlin Jagiellos. Doch dieser mußte römisch-katholischer Christ werden. Das machte auch keine weiteren Schwierigkeiten. Obgleich der größte Teil der litauischen Untertanen infolge der russischen Stammeszugehörigkeit griechisch-katholisch war, und daher das griechische Christentum die größte Aussicht zu haben schien, auch die Litauer zu gewinnen, wurde infolge der Taufe und Ehe Jagiellos, der bei der Taufe den polnischen Namen Wladislaw erhielt, der litauische Stamm, der letzte Heidenwinkel zwischen Ostpreußen und Kurland, römisch-katholisch. Am 15. Februar 1386 wurde Wladislaw Jagiello zu Krakau getauft, drei Tage später mit der Königin Hedwig getraut und am 4. März 1386 als Wladislaw der Vierte zum Könige von Polen gekrönt.

Polen und Litauen waren damit in Personalunion verbunden, wenn es außer Wladislaw Jagiello als Großfürsten in Litauen auch noch andere Teil­fürsten gab. Doch 1392 belehnte er seinen Vetter Witold mit Litauen, über das er doch immerhin eine gewisse Oberherrlichkeit behauptete.

Nun konnte sich die vereinigte Macht beider Staaten gegen den Orden in Preußen wenden, dessen Kampf gegen Litauen nicht mehr durch religiöse Gründe gerechtfertigt war. In der Schlacht bei Tannenberg von 1410, die die Polen immer als ihren Sieg über das Deutschtum gefeiert haben, unterlag der Orden unter dem Hochmeister Ulrich von Jungingen weniger den polnischen als den litauisch-russischen Streitkräften. Doch der Verteidiger der Marien­burg, Heinrich von Planen, bald darauf zum Hochmeister erwählt, rettete den Orden noch einmal. Der Thorner Friede von 1411 wurde auf der Grund­lage des Besitzstandes vor dem Kriege abgeschlossen, wenn der Orden auch 100000 Schock Groschen zur Auslösung der Gefangenen zahlen mußte.

Der gemeinsame Sieg auf dem Schlachtfelde hatte die engste Verschmelzung Litauens mit Polen zur weiteren Folge. Zu Hrodlo am Bug kamen im Oktober 1413 die polnischen und litauischen Großen zu einer gemeinsamen