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Vom Krieg zum inneren Frieden
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vom Arieg zum inneren Frieden

von Professor Wittschewsky

ie Wege, die vom Krieg zum äußeren Frieden führen sollen, sind gegenwärtig noch in Dunkel gehüllt; ja es ist nicht einmal die Möglichkeit gegeben, sie zu beschreiten, solange das Sperrfeuer feindlichen Widerstandes auf ihnen liegt. Eher könnte man ^ meinen, daß eine Brücke zum inneren Frieden sich müsse schlagen lassen, denn gerade durch den Krieg sind günstige Vorbedingungen hierzu geschaffen. Welcher Art diese sind, braucht nicht näher dargelegt zu werden. Die im August 1914 über Deutschland hereingebrochene furchtbare Heimsuchung hat die Nation zur äußersten Anspannung ihrer Kräfte aufgerüttelt, hat den einheitlichen Willen zu gemeinsamer Abwehr der verruchten Angreifer wunderbar emporwachsen lassen und den Entschluß zur Beiseitesetzung der altgewohnten Zwistigkeiten gezeitigt. Der Burgfrieden griff Platz, der bisher, von etlichen Seitensprüngen abgesehen, im wesentlichen aufrechterhalten worden ist. Den Burgfrieden in einen dauernden Volksfrieden überzuleiten, wäre eine herrliche und dem großen Erleben dieser Tage würdige Aufgabe. Daß sie nicht frommer Wunsch bleibe, in leere Luft gehaucht, bewegt das Sinnen und Sehnen vieler ernster Männer. Keiner von ihnen wird der eitlen Hoffnung sich hingeben, atz Parteiungen und Gegensätze aus unserem öffentlichen Leben verschwinden onnten. Das wäre unnatürlich und stumpfsinnig. Wohl aber sollten die Gedanken dem Ziele zustreben, aufreizende Gehässigkeiten aus den Parteikämpfen fernzuhalten und die schroffen Spannungen zwischen den gegnerischen Lagern zu mildern. Solchen Stimmungen leuchtet als Fanale das Wort der letzten preußischen Thronrede vor, daß der Geist gegenseitigen Verstehens und Ver­trauens auch im Frieden fortwirken und in der gemeinsamen Arbeit des ganzen Volkes sich ausprägen solle. Grenzboten III 1916 5