Schon wieder ein Gegner der innere» Kolonisation
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Würdigung der Zweige der landwirtschaftlichen Produktion eintreten müssen, die wie allseitig anerkannt ist. besser von dem Kleinbetrieb gepflegt werden. Das ist leider nicht geschehen. Die Bedeutung der Viehzucht, das „Vorrecht" des Kleinbesitzes, um einen Ausdruck des Verfassers (vgl. Seite 310) zu gebrauchen, der Geflügelzucht, des Obstbaues usw. wird durchaus nicht in das gehörige Licht gestellt, wenn auch der Verfafser klug genug ist, sie nicht ganz unerwähnt zu lassen. Daß er Wein-, Tabak- und Gemüsebau in der Nähe der großen Städte, als Beispiele für die dem Kleinbesitz zukommenden Produktionszweige anführt, entbehrt fast nicht eines ironischen Anklangst
Ich wiederhole: die ganze Methode, mit der der Herr Verfasser zu Werke geht, ist verfehlt. Mit willkürlichen Annahmen und fragwürdigen theoretischen Berechnungen läßt sich die Frage, ob der Großbetrieb oder der Kleinbetrieb volkswirtschaftlich wichtiger sei, nicht beantworten. Die Antwort kann sich lediglich auf die Erfahrung stützen. Nur genaue, tief in Einzelheiten hineingehende Ermitllungen der Roherträge einer Anzahl von Gütern und der durch ihre Aufteilung gebildeten Kolonien kann zu einem richtigen Ergebnis führen. Sehr zweckmäßig ist es, nebenher auch noch benachbarte Betriebe, die ähnliche landwirtschaftliche Verhältnisse aufweisen, zur Vergleichung heranzuziehen.
Dieser Aufgabe haben sich in der allerletzten Zeit die Herren Dr. Keup und Herr Mührer in einer bei P. Parey, Berlin, erscheinenden Schrift unterzogen, die den Titel führt „Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Groß- und Kleinbetrieb in der Landwirtschaft" (eingeleitet von Prof. Dr. Auhagen in Berlin) auf Grund von Erhebungen in Pommern und Brandenburg. Sie erfüllt die zwei Hauptforderungen des Herrn von Chlapowski; denn sie ist von Landwirten geschrieben, und sie behandelt die ganze Frage lediglich unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten (Seite 5). Sie stellt als Hauptfragen hin:
1. Welche Betriebsgröße ist in der Lage, unter sonst gleichen Bedingungen dem Boden die höchsten Roherträge abzugewinnen, und
2. welche bringt die größte Menge von Produkten pro Flächeninhalt auf den Markt und macht ihn dadurch unabhängiger vom Auslande?
Sie bespricht diese Fragen und andere damit in Verbindung stehenden Dinge, wie Arbeitsverfassung, Bevölkerungsdichtigkeit usw. in sehr genauen und die tatsächlichen Verhältnisse überall berücksichtigenden Ausführungen. Sie vergleicht insbesondere nicht nur das Rittergut vor seiner Aufteilung mit der daraus gebildeten Kolonie, sondern zieht auch für jede Kolonie ein sogenanntes Parallelgut aus der Umgegend zum Vergleich heran. Sie legt Wert auf das Gesetz der großen Zahl und berücksichtigt hundertunddrei Kleinbetriebe (Seite 11) und acht Großbetriebe. Sie benutzt für die Ergebnisse der früheren Güter eine längere — im ungünstigsten Falle achtjährige — Buchführung. Sie sucht nicht die schlechtesten der aufgeteilten Großbetriebe heraus (Seite 12), sie wählt aber, wo der Weg der Methode zweifelhaft war (Seite 13) den dem Großbetriebe günstigeren (vgl. S. 13, 23, 25. 61. 68, 70 u. n. m.). Sie läßt die Erträge