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Fürst Bismarck und der Generalgouverneur von Hannover v. Voigts-Rhetz
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Fürst Bismarck und der Generalgouvcrneur von Hannover

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ä. cj. 3. Dezember 1866 in der Person des Generalleutnants v. Voigts-Rhetz einen Generalgouverneur erhalten mit der Ermächtigung, jeden Beamten der Provinz, sobald das Interesse des Dienstes es erheischen sollte, ohne weitere Rückfrage vom Amte zu suspendieren. Die der ehemaligen hannoverschen Armee angehörigen Militärpersonen, welche sich an Agitationen und Demonstrationen gegen die preußische Regierung mittelbar oder unmittelbar beteiligen würden, sollten zu weiterer kriegsgerichtlicher Untersuchung nach der Festung Minden abgeführt werden*).

Schon aus diesem königlichen Erlasse ersieht man, welcher Wind aus der Wilhelmstraße wehte.

Am 2. Februar 1867 richtete Graf Bismarck an Voigts-Rhetz ein Privat­schreiben, worin er ihnVerehrter Freund" anredet und sodann fortfährt:

Wie mir Herr von Hardenberg mitteilt, hat dieser vor etwa sechs Wochen die nötigen Anträge wegen Reorganisation des dortigen Beamtentums an das Ministerium des Innern gerichtet, jedoch bis jetzt einen Bescheid darauf nicht empfangen; ich darf voraussetzen, daß Ihnen derartige Verzögerungen ebenso unangenehm find als mir. Um so mehr hätte ich gewünscht, daß Sie in Ihrer Stellung und Aufgabe als General-Gouverneur die Berechtigung und Veranlassung gefunden hätten, persönlich statt des Herrn von Hardenberg einzutreten, um unmittelbar bei Sr. Majestät dem Könige diejenigen Maßregeln zu beantragen, ohne deren schleunige und energische Durchführung es unmöglich gelingen kann, die gestellte Aufgabe zu lösen.

Jedenfalls darf es so nicht bleiben.

In Ihre Hand ist die Aufgabe gelegt, von Ihrer Hand wird sie gefordert.

Täuschen Sie Sich nicht darüber, mein verehrter Freund, daß das Gelingen oder Mißlingen unseres Einverleibungs-Werks unauflöslich mit Ihrer Person und Ihrem Namen verknüpft ist. Gelingt es, so haben Sie den Ruhm davon, mißlingt es, so ist es nicht das Ministerium des Innern, welches man dafür verantwortlich machen wird.

Um so sicherer vertraue ich, daß es nur dieser Andeutungen bedarf, um Ihrer Energie die richtigen Wege und Zielpunkte anzuweisen.

Sie sind die Spitze der Militär- und Civilverwaltung; Sie haben über den Geschäftskreis jedes Beamten, ebensowohl als über seine Versetzung und Ent­fernung zu entscheiden; Sie müssen dahin wirken, daß Ihre Vorschläge und Arbeiten nicht durch Verzögerungen in den obersten Instanzen illusorisch und zu nichte gemacht werden. Hierfür ist es aber durchaus unerläßlich, daß Sie mehr als bisher mit Ihrer Unterschrift in den von dort ausgehenden Anträgen hervortreten. Herr von Hardenberg, so sehr ich seinen Eifer und seine Leistungen schätze, kann darin das Gewicht, welches Ihnen als General-Gouverneur bei­wohnt, nicht ersetzen. Derselbe ist durch die Beamten-Hierarchie an die Ressort- minister gewiesen, und wird es schon nicht freundlich aufgenommen, wenn er sich direkt an mich oder gar an Se. Majestät den König wendet. Sie dagegen haben das unzweifelhafte Recht, Sich an das Staatsministerium oder unmittelbar an Se. Majestät den König zu wenden, und bitte ich wiederholt auf das angelegentlichste, nicht allein von diesem Rechte in allen wichtigen Angelegen-

") Hahn,Zwei Jahre Preussische Politik 1866 uud 1867". Berlin, Hertz, 1868.