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Nuan Shih-kai : Ein Stück moderne chinesische Geschichte
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Sonntagsbriefe cins dem Bancrnhcins

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stimmtheit crfahreil könne». Die Kaiserin-Witive hatte schon während des größer« Teils des verqangnen Jahres gekränkelt, abgesehen von seiner niemals glänzenden Gesundheit'war der Kaiser eigentlich nie ernstlich krank gesagt worden. Während wan schon seit Jahren mit dem Ableben der alten Kaiserin-Regentin gerechnet hatte, kam der Tod des Kaisers völlig überraschend. Es ist nur natürlich, daß sich unter diesen Umständen diewildesten" Gerüchte verbreiteten, die Yuan Shih-kai des Zutuns zum Tode des Kaisers beschuldigten. Es ist wohl kaum anzunehmen, daß etwas Wahres au diesen Gerüchten ist, doch sind wir, wie ich eben schon sagte, über die wahren Vorgänge im Dunkeln. Tat­sache ist, daß sich Yuans Stellung unter dem neu ernannten Prinzregcnten, der der Lieblingsbruder des verstorbenen Kaisers war, immer schwieriger ge­staltete, bis plötzlich ein Edikt, das für den aufmerksamen Beobachter der Ver­hältnisse keineswegs mehr überraschend kam, Yuan Shih-kai aller seiner Ämter entsetzte uud ihn anwies, in seine Heimat zurückzukehren. Als Grund für die Eutlässuug gab der Kaiserliche Befehl ein Fußleiden Maus an. Ein gebrochner Mann kehrte Yuan Shih-kai in seine Heimat, in die Provinz Honan, zurück, wo er in Wei Hni-Fu auf seinem Besitztum lebt.

Yuan Shih-kai hat sich um die Reorganisation Chmas Verdienste erworben, die weder das Land noch die Dynastie wird übersehen uud vergessen können. Das Fehlen einer allen kleinlichen Parteihader und Tageszank überragenden Persönlichkeit macht sich doch schon in Peking fühlbar, und man prophezeit m kurzem die Zurückberufung Yuan Shih-kais.

^onntagsbriefe aus dem Vauernhaus

von Joseph Aug. Lux Erster Sonntag.

ine alte Sehnsucht erwachte und rief: Zurück ins Baucrnhaus! Liebliche Erinnerungen an vergangene Eisenbahnfahrten in den Alpen tauchten auf-, das Märchen stand vor dem Waggonfenster und winkte, daß einem wunderlich umS Herz wurde: Hier wohnt das GlückI Wo willst du es sonst erjagen?! Man saß ini V-Zug nnd war ärgerlich über die schnelle Fahrt. Man suchte ja zeitlebens das Glück, diesen schönen Schein, der in Gedichten und in den Gaukelbildern eines Coupe­fensters sein Dasein führt, man grüßte es eben jetzt unterwegs und verlor es in dem Augenblick, da man es kaum gegrüßt!

Und eines Tages will sich die Sehnsucht erfüllen. Die Bauernhausschwnrinerei lst in der Stadt fast schon Mode geworden, eine sentimentale Torheit, und man ^st so glücklich, den Modetorheiten seiner Zeit huldigen zu können. War nicht das mnige Wünschen das Beste an der Sache? Die wahre Seligkeit? Aber Wünschen allein macht nicht satt; man ist der verruchten Zivilisation überdrüssig, schnürt sein Ränzel, das heißt, man packt seine Koffer und fährt davon, das verlorene Paradies

Grenzboten III 1910 08