vom Adel in der Armee und vom Adel überhaupt
von Oberstleutnant a, I, Ernst von Sommerfeld-Weimar
eit den bündigen Erklärungen der beiden letzten Kriegsminister über die Allerhöchste Willensmeinung haben die Erörterungen über den Adel in der Armee nur noch einen theoretischen oder geschichtlich zurückblickenden Wert. Der ausschlaggebende Grundsatz, vor dem alle anderen Rücksichten in den Hintergrund treten, ist die „.Homogenität" des Offizierkorps. Auch darüber gibt es keinen Streit, daß das Osfizierkorps mit der „aristokratischen Gesinnung" steht oder fällt, sobald darunter nicht der äußere Abschluß, sondern die innere Vornehmheit verstanden wird. Der einzige Unterschied zwischen meiner und den Auffassungen anderer Kritiker liegt also lediglich darin, daß jene in der „Exklusivität der Garde und einiger Linienregimenter" nicht den von mir befürchteten Durchbruch der Homogenität sehen. In dieser Beziehung aber darf die rückläufige Bewegung der letzten Jahrzehnte nicht übersehen werden. Die in den adlichen Regimentern srüher vorhandenen bürgerlichen Elemente sind tatsächlich fast vollständig ausgeschaltet worden. Die Rangliste des 2. Garderegiments zu Fuß weist z. B. im Jahre 1870 vor dem Feldzuge stebeu bürgerliche Offiziere auf. im Jahre 1908 keinen. Vollends können einzelne bevorzugte Linienregimenter von einer geschichtlichen Berechtigung zum Ausschluß bürgerlicher Offiziere nicht sprechen. Der Kastengeist ist ausdrücklich als ein Übel für die Armee bezeichnet worden. Lag wirklich in der immer mächtiger hervorgetretenen Abschlußbewegung nicht der Keim für diese Gefahr? Natürlich sind die Kritiker aus dem anderen Lager nicht weniger bemüht, dem Vaterlande, also der Allgemeinheit zu dienen, wie ich selbst.
Ist aber unter diesem Gesichtspunkt das Argument, man wird dem Adel die Absägung seines Sitzes mit eigener Hand nicht zumuten können, nicht ein
Grenzboten III 1910 ^