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Maßgebliches und Unmaßgebliches
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392 Maßgebliches und Unmaßgebliches

Ein fehlerhaftes Zitat Blsmarcks. Vor einiger Zeit machte ein ans Frankfurt datierter Brief Bismarcks wars an seine Frau oder an seine Schwester? die Runde durch die Zeitungen, worin sich der Schreiber gelegent­lich alsder Zeit hinfälligen Sohn" bezeichnet. Das Beiwort mag auch ein andres, sinnverwandtes sein, für den Zweck dieser Zeilen ist das gleichgiltig. Jeden­falls ist der wunderliche, einigermaßen fragwürdige Ausdruck eine Reminiszenz aus Shakespeares Heinrich dem Achten, wo Akt 3, Szene 2 der Kardinal Wolsey zum '"g sWt: ^

Für ihr Erhalten eine Zeit, die leider

Ich, ihr Hinfällger Sohn, ihr pflichten muß

Wie jeder Sterbliche.

(>VacI natui'ö äov» rvquirs Hör tiruss oj pi'Lsoi'vstion, vvlucu psi'koi' I, luzr kiAÜ son, suvoiig'st in^ brstlii'SQ mni' UllSt WVö iuz? tsriÄsnov.)

Man sieht, der Ausdruck des Briefes stimmt zu dem vorstehenden Text, aber die Stelle ist offenbar mißverstanden: Wolsey nennt sich natürlich nicht den hinfälligen Sohn der Zeit, sondern der Natur, deren Erhaltung jeder Sterbliche einen Teil seiner Zeit opfern muß. Bismarck aber hat, was bei flüchtigem Lesen der Verse passieren kann, das Pronomen ihr auf das nächststehende Hauptwort bezogen. Immerhin ist das Zitat aus einem Drama, das nicht gerade zu den allgemein bekannten Stücken Shakespeares gehört, ein neues Zeugnis für Bismarcks Belesen­heit und Gedächtnis.

Weimar F. Runtze

Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wtlh. Grunow in Leipzig Druck von Karl Marquart in Leipzig

Wer Gdot Konfeqncnt täglich vorschriftsmäßig a»we»det, iibt die «ach den» »»euttgen Stande der Wissenschaft denn- dar deste Dalin- und Mnndvfl-s- ans.