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Der fromme Maier
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Oer fromme Mciier

Wer den Kreuzer nicht ehrt, ist des Guldens nicht wert," stand in schwarzen Buchstaben darauf, und auf dem Deckel war ein Bienenkorb, nmschwirrt von ge­schäftigen Hvnigträgerinnen. Die Büchse war ein Andenken ans der Kinderzeit, aus der Gulden- uud Kreuzerzeit. Ja, sagte er, als er das Licht löschte, jawohl, das muß mau. Das tn ich auch! Er meinte die Sparbüchsendevise. Die gab ihm ja Recht. Und er bedürfte eines Beistands.

Die Genossen wurden nicht mehr recht klug aus ihm. Sie hatten sich längst daran gewohnt, das; der krumme Lobet nicht mittat, wenn sie über Gott und die Welt schimpften. Er trat ihnen nie entgegen, er ging nur so still für sich hin. Aber er hatte doch nach nnd nach eine Art von Freihcrrnrecht unter ihnen er­worben, irgend eine unansgcsprochne Vornehmheit, so unansehnlich und beschränkt er auch aussah.

Nnd nun warf er anf einmal so verbissene Bemerkungen dazwischen. Ach, seid mir still mit den reichen Leuten, sagte er. Keinen Sonntag hätt unsereins mehr, weuus nach denen ginge, und

Sie sahen ihn verwundert an. Der fromme Maier sattelt um, sagten die einen und lachten. Und die andern tnpften sich an die Stirn: Nnn fing er an, aufzubegehren, der Maier, nnd wußte nicht, wo er sollte. Den Sonntag! Den hatten sie doch allesamt frei; sollte ihnen einer kommen nnd den freien Tag nehmen. Da gab es doch andres auszusehen an der ganz verkehrten Ordnung der Dinge.

Aber sie wußte» nicht, daß Gottlob Maier, der Stille, der Friedfertige, einen Haß in sich schürte; einen Haß gegen das schöne, helle Fränlein, das ihm befohlen hatte, Sonntag für Sonntag einen Stranß zn snchen. Das ihm den Wald verdarb und den Sonntag, uud das glaubte, mit seinem Markstück all das zu bezahlen, was er drangab.

So sind die Reiche», sagte er nochmals und machte ei» grimmiges Gesicht. Er hatte deu künstlichen Haß nötig; er war ihm wie eiu erwärmendes Gewürz. Was hatte er noch Schönes im Leben? Die andern hielten znsamme» uud hatten untereinander Kameradschaft. Er aber paßte nicht zn ihnen. Und daS königliche Gefühl des Andersseins, das ihn vordem fast nnverstanden gefreut halte, das half ihm uuu nichts mehr.

Weims nur am Sonntag Schmiedsknecht regnete, sagte er, als er am Abend nach Hans ging. Das kam ihm als die Lösnng aller Schwierigkeiten vor. Denn die zwei Herren in seiner Brust stritte» sich nach Möglichkeit, nnd ihr Diener wußte sich keinen andern Rat als das Mnß des Daheimbleibens.

Die soll nicht meinen, daß ich bei Negenwetler hcrumpatsche. Soll sich selber eiueu holen bei Negenwetler, einen Strauß, und Er trat fest aufs Pflaster, mit der entrüsteten Energie eines Mannes, dem Ungehöriges zugemutet wird. Das Fräuleiu hatte sich iu diesen Tagen zn eine,» stattlichen Süudeubock ausgewachsen, der ihn verleitet hatte, alte, stille Pfade zu verlassen, nnd ihm geschah uur Recht, wenu sich das Unheil gegen ihn waudte. Vorläufig war der Himmel noch hell, von einem klaren, blassen Blan. Aber daS konnte noch anders kommeu; es war erst Donnerstag. Und es War Mondwechsel, da pflegt sich das Wetter zn ändern.

Die Falzerin war nicht im Geschäft, schon all die Tage daher nicht. Er hätte gern das Kind besucht. Aber dazu hatte er nicht mehr genug Selbstver­tranen. Er redete sich ein, daß ihn das gar nichts angehe, was mit dem .Kinde sei, uud daß er dumm wäre, wenn er sich mit der Falzerin inS Gerede brächte dnrch seine Besuche. Aber er stand doch am Treppeufeusler uud sah hinüber, wo der flackernde Lichtschein hin uud her giug; er hätte doch gern etwas gewnßt.

So kam die Samstagnacht heran. Nnn hatte man schon November. Der ^-ng War noch schön gewesen, die Lust etwas lan nnd weich, so wie im Vorfrüh­ling, wo ciueni die Glieder schlaff werden in einer lösende» Müdigkeit.

Aber i» der Nacht zog der Sturm heranf. Als ob das wilde Heer durch die Luft ritte, so klang sein Tosen, Pfeifen nnd Henleu. Gottlob Maier saß im