Über die Bemannung der deutschen Uauffcchrteischiffe
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in überzeuguugsvollem Brustton in die Welt hinausposaunt werden. Ein Beispiel dieser Art giebt Herr 8 in der Hansa Nummer 17 dieses Jahres, aus der im Eingänge dieser Arbeit zwei Absätze entnommen worden sind. Herr 8 ist jedenfalls kein Seemann, sondern wird vom sichern Lande aus, nämlich vom Kontor oder Bureau aus, vielleicht gclegeutlich auf Seereisen als Passagier seine seemännischen Kenntnisse erworben haben. Aufs höchste erstaunt hat mich Herr 8 bei seiner Anpreisung des Kadettenschulschiffs durch den Hinweis, „daß englische und französische Offiziere längst eine andre praktische Ausbildung wie englische und französische Matrosen genießen." Es ist wahr, daß wir von englischen Seeleuten manches gelernt haben, indem unsre jungen Seeleute auf englischen Schiffen gedient und später ihre Erfahrungen auf deutschen Schiffen verwertet haben, aber trotzdem ist der Gewinn für sie selbst — abgesehen von den Sprachkenntnissen — doch recht problematischer Natur. Jeder, der die Verhältnisse kennt, weiß, daß der englische Matrose ein ganz andrer Mensch als der deutsche ist. Sein Schulunterricht und seine Erziehung sind im Durchschnitt viel geringer als die des deutscheu, dazu ist er viel roher uud unzuverlässiger und nnter Umständen brutal und streitsüchtig. Für den deutschen Matrosen ist es bisher ein wahres Glück gewesen, daß nicht selten junge Leute aus bessern Familien das Logis mit ihm geteilt haben; hält man diese daraus fern, dann fehlt für die andern Sauerteig uud Salz zum Brotbacken, nnd die Gesamtheit unsrer Seeleute muß in jeder Hinsicht Einbuße an ihren guten Eigenschaften erleiden. Freuen wir uns nicht jedesmal, wenn in den Zeitungen unsre Seeleute vor denen andrer Natiouen ihres gesitteten Betragens wegen gelobt werden? Wie wird es damit werden, wenn ihnen die guten Beispiele der Söhne ans bessern Familien fehlen, indem man diese durch die Kajütenfenster ins Schiff spazieren läßt und zweierlei Schiffsoffiziere schafft, von denen diese Art von dem Denken und dem Fühlen, von den Freuden uud den Leiden des Matrosen keine Ahnung hat? Und wie wird es bei diesen feinen Herrchen mit der Disziplin bestellt sein? Ich habe oben gesagt: Die jungen Leute der Küstenbcvölkernng gehn in der Hoffnung zur See, daß sie es später znm Kapitän oder doch zum Steuermann bringen. Durch Kadetteuschulschiffe nimmt man ihnen diese Hoffnung, und durch Einstellung von zehn Kadetten hält man dreißig andre Jungen von der Seefahrt fern. Ob der Herr 8 seine Jungen, wenn er welche hat, Wohl zur See gehn läßt? Ja Bauer, das ist ganz was andres!
Wie es auf See zwischendurch im neuen Jahrhundert noch hergeht, mögen zwei Zitate aus der Hansa Nr. 18 dieses Jahres illustrieren: 1. Die jüngst vor dem Hamburger Seeamt abgehaltn« Verhandlung über die Kollision des deutschen Fischerkutters H? Nr. 194 Schwalbe Finkenwärder mit dem hol- - ländischen Fischdampfer Holland I führt uns Zustünde vor Augen, wie sie für die Wikingerzeit oder unter der schwarzen Flagge der Korsaren nicht zutreffender geschildert werden können. Das deutsche Fahrzeug fischt am hellen Tage bei klarem, schönein Wetter nnter Norderney. Dann kommt ein Dampfer,