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Wissen und Verständniß vermag bei solchen Aufgaben nicht jenes naive Empfinden, jene volle und warme Sinnlichkeit zu ersetzen, welche beim Bildhauer wie beim Maler zur vollendeten Darstellung der reinen zumal weiblichen Gestalt um ihrer selbst willen, in ihrem blühenden, unverhüllten Reiz nun einmal unentbehrlich ist. Nach Schadow hat das nur Einer, nur einer der jüngsten unter unsern Meistern wieder ganz vermocht, den ich nicht erst zu nennen brauche. Man darf bei dieser Danaide sich seine lebenglühende Behandlung des Fleisches nicht ins Gedächtniß rufen, wenn man Geschmack an dieser kühlen, mit schulgerechter Meisterschaft gestalteten Figur Rauchs behalten will.
Ueber 60 Jahre war der große Künstler hinaus, als er in ungeminderter Kraft a» das riesigste Werk seines Lebens ging, welches sein nächstes Jahrzehnt fast ausschließlich erfüllen sollte, an das Denkmal Friedrich des Großen. Wie zu erwarten war, enthält das Museum ziemlich vollständig alles, was zur Entstehungsgeschichte desselben gehört, die verschiednen Projecte und Skizzen, die stufenweise Ausführung der schließlich unter diesen genehmigten in all den Ein- zclthcilcn, aus welchen sich das mächtige Ganze zusammensetzt.
Der Skizzen sind fünf. Die eine, am meisten von der gegenwärtigen Gestalt des Denkmals verschiedene, war nach einer Idee und Angabe Schinkels entworfen, und wir wollen uns Glück wünschen, daß sie nicht über dies Stadium hinaus gelangt ist. Die Trajanssäule ins Friedcricianische übersetzt und davor die Reiterstatue des Königs in römischer Tracht — darauf lief dies Project hinaus. Dann die zweite Skizze, im Aufbau und der allgemeinen Form dem ansgeführten Denkmal verwandt, im Einzelnen aber gänzlich abweichend davon. Die Nciterstatne im Costüm der Zeit, nur mit einem Lorbeerkrauz statt deS Hutes, auf bobem mit zwei Reihen Reliefs übereinander geschmückten Postament von ähnlichen Höhen-Und Breitenverhäitnisscn wie daö jetzige. Diese Reliefs sind fast gänzlich allegorischen Charakters. An der Vorderseite der Frieden, welcher von Victvrien herbeigeführt wird, an de> Rückseite die Künste, an der einen Langseite eine Kampfscene, an der andern Weisheit, Gerechtigkeit, Stärke, daneben Ceres, dem bittenden Volk ihre Gaben bringend, nnd Merkur als Beschützer der Industrie. Darüber in kleineren Relicfdarstellungen Friedrich im Kreise seiner Freunde musicirend, Schiffahrt, Handel, Baukunst, kriegerische Jugenderziehung symbolisirt. Man sieht schon aus dieser Aufzählung, daß hier eine rechte Einheit und eine wahrhaft organische Gliederung und Composition mangelte. Eine dritte Skizze des Piedestals (ohne den Reiter) zeigt zuerst große symbolische Figureu an den abgestumpften Ecken, denen die als Attribute bei- gegcbnen Thiere eine größere plastische Fülle und Wucht verleihen: Fortitudo mit dem Löwen, Bellona mit dem Wolf, Sapientia mit der Sphinx, Justitia mit dem Kranich. Zwischen ihnen an den Langsciten des Postaments flache Reliefs von Victorien über Trophäen schwebend, an der Vorderseite die Muse