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Dichtung gangbare Vorstellung von dem Fortleben abgeschiedener menschlicher Seelen in der Pflanzenwelt: ein Beilrag zu den Forschungen über Mythologie aus überlieferten Volksdichtungen. Zur Literaturgeschichte gehört ferner ein Bericht Hoffmanns von Falleröleben über eine Weimarische Liederhandschrift vom Jahre -I5lZ7 und die Lebensbeschreibung eines wunderlichen schlesischen Philologen, Erdwin Koch, von demselben Verfasser. Scholl hat den Schiller- schen Fiesco analystrt und Ba cm ei st er eine scharfe und witzige Kritik des Herrn OSkar von Redwitz gegeben, die nur einige Mal darin fehlt, daß sie diesem einzelnen Dichter aufbürdet, was dem bei weitem größten Theil der Modernen Lyrik zur Last fällt.
Wesentlich abweichend von diesen der Wissenschaft angchvrigen Abhandlungen ist die kunsthistorische Skizze von Joachim Raff: die Stellung der Deutschen in der Geschichte der Musik.
Wir haben es vorzugsweise dem Einfluß der romantischen Schule, sowie der Hc'gelschen Philosophie zu danken, daß man die Geschichte der verschiedenen Künste vom eulturhistorischen Standpunkt aus bearbeitet, daß man ihr eine ideelle Einheit Su geben versucht hat. Aus ziemlich naheliegenden Gründen haben diese Bemühungen auf die Geschichte der Musik den wenigsten Einfluß gehabt. Denn zu jeder ^schichte gehört neben dcm Naisonncment eine wirkliche Darstellung des Inhalts; dieser entzieht sich aber der Darstellung unter keinen Künsten so sehr als bei der Musik. Bauwerke, Statuen, Gemälde kann man wenigstens bis zu einem gewissen ^ade so beschreiben, daß sich der Leser eine ungefähre Vorstellung machen kann, wennauch das, was die Hauptsache der Kunst ausmacht, im Wort nicht wiederzugeben ist. Bei der Musik dagegen fehlt jedes Organ der Vermittlung, wenn "'an nicht die bestimmten technischeil Ausdrücke gebrauchen wollte, die für den ^"ien wieder unverständlich sein würden. So ist denn der Kunsthistoriker leicht ^'>u doppelten Mißgriff ausgesetzt, entweder bei den verschiedenen Musikstücken ^''Ne eignen Empfindungen auszudrucken, oder sich an die Terte zu halte», ^u beiden Fällen wird für die Kenntniß des Gegenstandes nicht viel gewonnen.
kommt noch dazu, daß man bei tieferer Kenntniß der Musik sich lieber pro- buctiv oder wenigstens reproduetiv bethätigt (jedes Spiel ist eine Neprodnctiön),
in Referaten ober in Kritiken. Indeß in der neuesten Zeit hat der Trieb ^ Prvductivität in der Musik abgenommen nnd das Bedürfniß des Naisonne- "'ents wird immer mächtiger; und so scheint denn die Zeit gekommen zu sein, ^'v man mit Ueberwindung jener Schwierigkeiten nicht ohne Aussicht auf Er-
sich an jenen Versuch wagen könnte. Es ist nur leider vorauszusehen,
die meisten Versuche dieser Art an dem Uebermaß der bereits vorhandenen ""d überlieferten NefleriDn scheitern werden. Wenn man einem Gegenstand "> der Geschichte- wirklich gerecht werden will, so muß man ihn aus erster Hand ^fangen, »m frisch und lebendig das Bild und den Eindruck desselben zu