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Ein Besuch bei Itzstein in Hallgarten.
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Wir tretm durch den sorgfältig gehegten Garte», dessen Beete mit Bur eingefaßt sind, zwischen Blumen und veredelten Obstbau- inen nach dem großen Hause. Hier im Erdgeschosse empfängt uns der Wirth mit biederer Herzlichkeit, eS ist der alte Jtzstein. Eine imponirende, schöne Gestalt mit klugem Blicke; es liegt etwas göthisch Behäbiges in seinem ganzen Wesen, während auch sonst die nüch­terne Klarheit der Erscheinung, ja sogar einzelne Gesichtszüge und besonders die Stirnformation an Göthe erinnern. Schlicht und ein­fach in seinen Umgangsformen, ist Jtzstein doch weit entfernt von aller burschikosen Nichtachtung der socialen Gesetze, die Manche gern zur Schau tragen. Er imponirt unmittelbar durch die Macht und Gediegenheit seines Wesens. Er ist ein alter freier Staatsmann. Auch in seiner Kleidung herrscht das bequeme Ungczwängte vor, ohne dabei die Rücksicht der Schönheit und die offenbare Sorgfalt verken- nen zu lassen. Es ist widerlich, oft alte Männer zu sehen, die sich in die knappe Mode des TageS zwängen, um sich dadurch einen Anschein von Jugendlichkeit zu erobern. Man macht heutigen Ta­ges die Kinder zu Gecken, und viele Alte machen sich selber dazu.

Wir können, trotz öfteren freundlichen Anerbietens, keinen Mor­genimbiß mehr einnehmen, der Mittag ist zu nahe. Der Gastfreund führt uns in die oberen Gemächer seines Hauses, die schön aber nicht lururiös möblirt sind. Manches freundliche Angebinde von verehrender Fraueuhand zeigt sich da und dort, denn Jtzstein ist ein Liebling der Frauen. Die Frauen haben eine unmittelbare Vereh­rung für alles Große und Kernige; kommt dazu eine solche nimmer pausirenbe Frische, wie sie sich in Jtzstein stets zeigt, eine solche leichte und gewandte Scherzhaftigkeit, wie er sie darlegt, so steigt die Ver­ehrung zum Entzücken, das sich einem dreiundsiebzigjähiigcn Greise gegenüber um so ungezwungener zeigen darf. Bei den Bürgermei­sterinnen auf dem Schwarzwalde wie bei den Damen in den Städ­ten ist Jtzstein gleich verehrt, und mancher der durch ihn veranlaßten Wahlsiege ist mit Hilfe der Franen durchgefochten worden.

Jtzstein führt uns an ein Fenster. Welch eine Pracht zeigt sich von hier aus! Weit hinab bis gen Bingen schweift der Blick, wie herrlich golden blinkt der Rhein, wie hell stehen die Städtchen und Dörfer am Ufer, als wären sie hingeeilt und vor Staunen und Freude am Rheinesufer stehen geblieben! Wie oft man auch hinaus-

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