Contribution 
Heimkehr :
(Fortsetzung)
Page
161
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

Heimkehr

161

schien. Dabei glänzten seine alten Augen wie die Racker, und er fragte unver­drossen: Wie nennt sich denn der Ort? Blinzelte zu dem Wandersmann hinüber und kniff schmunzelnd seinen alten Mund ein, sodaß das Kinn unter die Nase rutschte. Darauf stieß er seine Furche zu Ende bis an den Weg hin, hob die Pflugschar aus, lenkte um, setzte wieder ein und schwenkte die Leinen, um sein Gespann in Gang zu bringen.-e!-e! Na geh! horch! horch! Hahüh Scheckge! Horch!

Die Pfeife steckte in der Rocktasche. Er ermähnte unaufhörlich und trieb an; denn die Kuh zeigte den Hang, aller paar Schritte stehn zu bleiben. Der Boden war hart, immerzu hatte der alte Maun mit dein Pfluge zu richten. Das Kind und der Spitz sahen aufmerksam zu, wie er dahertrieb.

Uud das Kind begann zu lallen. Hochch, sagte es. Und der alte Scheckg trieb an nnd schmunzelte und ermähnte sein Gespann: Horch! horch! hnhüh! Na horch!

Iahn sah ihm nach, wie er krumm dahin stapfte in seiner schlottrigen weißen Leinenhose nnd dem alten verschossenen Arbeitsrock. Er hatte große, unbarmherzig verarbeitete Fäuste. Was mochte der Meusch iu seinem Leben gearbeitet und ge­schuftet haben! Mit ihm selbst hatte es das Schicksal bei weitem besser gemeint. Er spannte nicht Kuh und Pferd zusammen, er ackerte schon lauge nicht mehr selber, obgleich er weniger verfallen aussah als das Fuchsgesicht, das jetzt, oben angelangt, umwandte und zurück gepflügt kam. Seine Hände hatten auch uicht gefeiert aber so aus allen Gelenken gezerrt, die Haut so zu rissiger Borke gearbeitet, das hatte er sich nie zuzumuten brauchen.

Der Pflüger war inzwischen wieder herabgekommen, wandte am Weg und kam sacht zurückgezogen, indem er gemach auf seine Tiere einredete. Die Kuh war eine schöne Notschecke mit dickem Euter, das Pferd mochte schon alt sein und war ein wenig abgetrieben. Als er in Jahns Nähe kam, ließ er dem Gespann den Willen nnd hielt an, gleich hatte er dann auch wieder das Pfeiflein beim Wickel. Und während er zog, daß es brennen sollte, fing er die nbgebrochne Unterhaltung wieder an.

Er fragte: Habt Ihr sonst noch wen, wo Ihr einkehren wollt?

Iahn war ärgerlich gewesen, daß ihm der Scheckg mit seinem Ausfragen so scharf zu Leibe gegangen war. Das war sein alter Fehler, daß er keinen Spaß verstand. Aber inzwischen war die Achtung vor den verarbeiteten Fäusten gekommen, und er war uun mißgestimmt darüber, daß er sich selber so wenig im Zaume hielt.

Ja, antwortete er, ich wollte noch nauf auf Etzelmüude beim Dietzel-Schmied. Der Sicherheit wegen setzte er hinzu: Sie haben ihn Goldsvrnng genannt. Den kennt Ihr doch wohl auch gelle?

Ja das heißt der Dietzel-Schmied von damals, der vor fufzg Jahren die Schmiede hatte, der ist tot. Und sein Sohn, der ist auch schon wt. Und dem sein Sohn, der ist kein junger Mann merre ja mag so ^sZg Jahre alt sein. Und dem sein Sohn, der ist itze e Bursch und ist heiratsfähig. Ist ein ganzes andres Geschlecht, sagte er, und nun glänzten seine Augen wehmütig, er brachte die Pfeife wieder im Mundwinkel unter, schnellte mit oen Leinen nnd trieb seine Tiere an. Horch! Scheckge! horch! Hahüh, hahüh! Wie heißt denu Ihr, wenn man fragen darf?

Iahn kehrte um und schritt neben dem andern dahin. Ich hab das vergessen, ^ie ich heiße, sagte er, aber ohne daß er sich ärgerte.

Das soll vorkommen.

Iahn sah ihn an; es war nichts von Mutwillen in den Falten und Runzeln SU finden; der Mund, den die Pfeife schief zog, sah vielmehr wehleidig aus. Das reizte ihn gewaltig, und er fragte verschmitzt: Na nnd Ihr? wie heißt denn Ihr?

Grenzboten IV 1902 21