Beitrag 
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Seite
559
Einzelbild herunterladen
 

559

Verbindung der germanischen Stämme, d. h, der Vereinigten Staaten, England und Deutschland, von einer großen teutonischen Allianz, Das klingt sehr schön, und der englische Minister Chnmberlaiu wird nicht müde, die Notwendigkeit dieser Allianz zu betonen. Aber daß gerade Verwandte sich nicht immer, selbst im Fa­milienverkehr, uneigennützig gegen einander betragen, kann man alle Tage im ge­wöhnlichen Leben sehn. Überall tritt das persönliche Interesse in den Vorder­grund. Und wenn wir in die Geschichte der Neuzeit zurückblicken, fehlt es nicht an Beispielen, daß eben die Engländer, trotz ihrer teutonischen Verwandtschaft, gerade die deutsche Hanse und die Holländer seinerzeit nicht geschont haben, als es zu Elisabeths und zn Cromwells Zeiten galt, die Herrschaft zur See zu gewinnen. Auch die Verwandtschaft mit den eignen Landsleuten in Nordamerika hinderte England nicht, im vorigen Jahrhundert einen heftigen Krieg mit viel deutschem Blute natürlich dnrchzufechten, ans dem aber die angelsächsischen Kolonialstnaten als Sieger hervorgingen, und der die Gründung der Vereinigten Staaten zur Folge hatte. Länger als ein ganzes Jahrhundert hat es gedauert, bis man sich in England und Amerika der Verwandtschaft wieder erinnert und nun anch den guten deutschen Vetter, der ja immer für wenig Geld seine Hant zn Markte trug, gern an dieser Verbrüderung teilnehmen lassen möchte.

Natürlich! Der Kampf zwischen England und Rußland in Asien mnß mit Notwendigkeit kommen, und was wäre da eine wirksamere, ja entscheidendere Hilfe für England, als wenn das erste Heer der Erde an Zahl und Kriegstüchtigkeit, das deutsche Heer, auf englischer Seite stünde, mit Rußland in Europa Krieg an­finge, Rußlands beste Truppen in Schach hielte und so den Engländern in Asien znm Siege VerHülfe! Frankreich würde natürlich auch gegen Deutschland den Kampf beginnen, nm Elsaß-Lothringen und das ganze linke Nheinufer bei dieser Gelegen­heit zu nehmen; wer weiß, wozu sich Österreich uud Italien, ja selbst die Türkei entschließen würden kurz, für England wäre wieder die schöne Zeit angebrochen, wo ganz Europa im Kampfe läge und England auf der See kaperte, was ihm beliebte, und wo es iu deu außereuropäischen Erdteilen nach Herzenslust Flaggen hißte.

Was würde Deutschlands Lohn für eine solche Politik sein? Das können wir in der deutschen Geschichte ausführlich lesen. Für unsre Unterstützung der Eng­länder in Nordamerika im vorigen Jahrhundert erhielten wir Geld, sonst nichts. Ohne Blüchers Eingreifen bei Waterloo 1815 war Wellington verloren. Die Äußerung Wellingtons in der Schlacht ist ja bekannt:Ich wollte, es wäre Abend, oder die Preußen wären da!" Ob diese Äußerung geschichtlich feststeht, weiß ich nicht, Wohl aber erinnre ich mich aus meiner Jugend an ein Bild, das damals viel verbreitet war. Auf diesem umarmen sich Blücher und Wellington während der Schlacht. Und das steht fest, daß man der Schlacht auch den Namen der Schlacht bei La Belle Alliance gegeben hat, weil beide Feldherren sich bei dem Pnchthofe dieses Namens begegneten nnd man diesen Namen, der heute noch bei uns für die Schlacht am 18. Juni 1815 besteht, als durchaus passend für die ganze politische Lage ansah. Wellington selbst sagt in seinem Berichte an den König der Niederlande, und das steht auch geschichtlich fest:Ich müßte mein eignes Gefühl verleugnen, wenn ich den glücklichen Ansgang dieses gefahrvollen Streits nicht der treuen und zur rechten Zeit verliehenen Hilfe des Marschalls Blücher und der preußischen Armee beimessen würde." Trotzdem ist es haupt­sächlich Englands und Wellingtons Einfluß zuzuschreiben, daß Frankreich im zweiten Pariser Frieden vom 20. November 181Sfast unversehrt an Gebiet und kaum anderweitig durch Geldzahlung geschwächt" davon kam.