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Maßgebliches und Unmaßgebliches
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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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deutsches Kapital für die Ausbeutung chinesischer Kohlenlager und für den Eisen- bahnbnu in China zu gewinnen, können bei der Erörterung einer möglichen Über­produktion nnfrer Industrie nicht in Betracht kommen. Es konnte da höchstens von weggeworfnem Gelde die Rede sein. Aber die Engländer und die Russen sind doch jederzeit bereit, ihrerseits das Geschäft zu machen, nnd wir werden sehr froh sein dürfen, wenn wir nicht auch hier schließlich wieder nichtdeutschcs Kapital an der Ausbeutung der von Deutschland erworbnen Konzessionen teilnehmen lassen müssen, weil sich das deutsche Kapital lieber im Schwindel auf deminnern Markt" - immer im weitesten Sinne genommen und vielleicht auch in der Unterbringung exotischer Stnatspapiere erschöpft. Wie nehmen sich angesichts dieser Wirklichkeit und wir vermögen beim besten Willen keine andre zu entdecken die Warnungen Wagners an die Berliner Weißbierphilister aus?

Wie die Spekulation ans deminnern Markt" znm Schwindel, der den Krach bringen muß, zu werden anfängt, das haben die Grenzboten kürzlich nachgewiesen. Heute kommen uns darüber noch folgende lehrreiche Zahlen in die Hand. Das für Aktien deutscher Jndustriegesellschaften aufgebrachte Kapital betrug in Millionen Mark

1387 1888 1889 1890 1891 1392 1893 1894 1895 1896 1897 1898 nominell 70,3 140,3 231,8 163,0 24,8 12,9 19,0 00,3 101,2 245,3 190,9 310,2 effektiv 92,1 194,5 337,4 200,5 29,7 14,3 25,3 79,0 223,2 333,9 318,2 520,0

Mit Recht macht derDeutsche Ökonomist" auf dieses erschreckende Steigen der Gründerthätigkeit und der Kurstreiberei seit 1395 aufmerksam, als den Vorboten des Krachs wie iu den Jahreu 1889/91. Es sollte uus gar nicht wunderu, wenn man diesen Schwindel vomStandpunkt agrarischer Schuhzölle," d. h. dem Wagner- Oldeubergs, mit derEntwicklung" unsrer Exportindnstrie und Seeiuteressen in Verbindung zu bringen die Dreistigkeit hätte, sobald es zu krache» anfängt. Da ist es doch wirklich an der Zeit, den Leuten die Augen darüber zu öffnen, daß unsre Industrie seit 1894 in Wirklichkeit nnr auf deuiuueru Markt" spekuliert und geschwindelt hat, und die Exportinteressen schon seit 1832 geradezu vernach­lässigt worden siud.

Dazu käme, sagt Wagner, noch folgendes: Schon in Japan sähen wir, wie schnell sich ein intelligentes Kulturvolk die Errungenschaften europäischen Wissens in Industrie und Handel aneigne. Die Japaner rüsteten sich schon mit europäischen Maschinen und Fabrikeinrichtungen, um ihren Bedarf durch eigne Arbeit zu decken und uus womöglich iu Europa selbst Konkurrenz zu machen. Ähnliches sähen wir auch iu Indien ans dem Gebiete der Textilindustrie und mancher andern Jndustrie- arbeit. Es wäre thöricht und kurzsichtig, die Leistungsfähigkeit der Chinesen, die nach ihren uralten Methoden vielfach schon Ausgezeichnetes leisteten, bloß wegen der Unfähigkeit ihrer Regierung und ihrer Rückständigkeit in einzelnen Dingen zu unterschätzen. Die Chinesen seien vortreffliche Industrielle, ausgezeichnete Kaufleute und geschickte, bedürfnislose Arbeiter. Würden sie erst anfange», europäische Konknr- renz zu spüren und den Wert der europäischen Arbeitsmethoden zn erkennen, dann würdeu sie gar schnell dabei sein, mit ihren reisessenden, einfach gewöhnten Arbeitern so ziemlich alles zu machen, was ihnen der Markt Europas bietet, und was sie den europäischen Konsumenten zu bieten hätten. Wie die Industrie Europas diese Konkurrenz werde bestehen können, das scheine ihmeine sehr unheimliche" Frage.

Wem unter den gebildeten Europäern bringen diese Betrachtungen wohl etwas Neues? Ans die Berliner Bierphilister werden sie freilich Eindruck machen, ebenso