Gute und schlechte Jahre
oseph, der Ratgeber Pharaos, war der Vorläufer der Graß- Klmnil und Genossen; er speicherte große Getreidemengen auf. wie sie es mich beabsichtigen. Aber sein Grund war nicht derselbe. Joseph wollte der Teuerung vorbeugen. Herr v. Graß und seine Freunde wollen, weuu uicht gerade eine Teuerung, so doch recht hohe Preise, viel höhere als die gegenwärtigen herbeiführen. Josephs Verfahren war zweckmüßig, wie die nachfolgende Zeit der magern Jahre lehrte. Wie unsre Agrarier ihren Zweck erreichen wollen, ist nicht ganz klar. Sie wollen künstlich einen Getreidemangel hervorrufen, aber das Korn, das aufgespeichert wird, ist damit nicht aus der Welt geschafft, es wird früher oder spater den Marktpreis herabdrückeu.
Was ist überhaupt unter guten und schlechten Jahren, zunächst bei der Landwirtschaft, zu verstehen? Zu Josephs Zeiten bestand kein Zweifel, daß unter einem guten Jahr ein reichliches Erntejahr zu verstehen sei. Das steht aber heute nicht mehr so unbedingt fest. Der unter dem Banne agrarischer Anschcmnngen stehende Landmann weiß nicht recht, ob er sich auf eine gute Ernte freuen darf oder nicht. Wenigstens erfordert das Parteiinteresfe, daß "wn sich von solcher Freude uicht zu viel merken lasse. Denn das könnte ungünstig einwirken ans die Neigung der Gesetzgebnng, agrarische Forderungen zu erfüllen. Bei guten Erntejahreu wollen die agrarischen Klagen am wenigsten verstummen, denn die hohen Preise wollen sich gerade dann meistens uicht einstellen. Und hohe Preise sind nun einmal nach agrarischer Ansicht das uutrügliche Merkmal guter Jahre. Eigentlich wäre es nur folgerichtig, zu wünschen, daß der Himmel der Gesetzgebnng die Mühe, hohe Preise zu schassen, abnähme, daß bei reichlichem Ernteertrag eine Menge Getreide durch Regenwetter ans dem Felde verfaulte. Da wäre das Aufspeichern erspart, das Verregnen wäre viel wirksamer.
Grenzboten III 189K V7